Dienstag, 5. Oktober 2010

Was macht ein Hartz-IV-Empfänger?

5. Oktober 2010
Die sind doch alle zu faul zum Arbeiten

Wilhelmshaven liegt an der Nordseeküste und finanziell fast im Koma. 2015 gehen die Lichter aus, meint der scheidende Stadtkämmerer. Finanziell nicht gut geht es auch Hartz-IV-Empfängern.  Die sind allerdings - doch dazu eine Vorbemerkung. In Wilhelmshaven gibt es eine Ratsgruppe, die aus einer Bürgerinitiative gegen den JadeWeserPort hervorgegangen ist. Heißt BASU. B steht für Bildung, A für Arbeit, S für Soziales und U für Umwelt. Zurück zu den Hartz-IV-Empfängern. Die sind nach Meinung des BASU-Fraktionsvorsitzenden zu faul zum Arbeiten und belasten deshalb die Hälfte des städtischen Haushaltes.

Was also macht so ein Hartz-IV-Empfänger den lieben langen Tag? Nehmen wir mich. Als Hartz-IV-Empfänger mit Hinzuverdienst. Bei dem klingelt schon morgens um 9 Uhr das Telefon. Am Apparat eine Mittelamerikanerin, die um ihre Kinder kämpft. Ich bin inzwischen ihr Rechtsbeistand, verfasse Briefe, stelle Anträge, verschicke mails.

Meine Postbotin kommt immer gegen 9.30 Uhr. Mein Hund Mike stürmt ihr stets entgegen, wartet auf sein Leckerli. Heute in meinem Briefkasten: Eine Karte von einem Hartz-IV-armen Kind, dem ich ein Päckchen geschickt habe.

Ich schreibe gerade an die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung wegen der Mutter aus Mittelamerika, da klingelt mein Telefon schon wieder. Am Apparat ein sechsfacher Vater aus Südniedersachsen. Der erzählt mir, dass man ihm fünf Kinder genommen habe, obwohl ein Gutachter der Auffassung gewesen ist: "Eine Herausnahme der Kinder aus dem Haushalt ist nicht angezeigt." Doch das Gericht entschied anders. Warum? Zweite Frage: Warum durfte er ein Kind behalten? Ich empfehle ihm einen Staatsanwalt, um zu prüfen, ob eine Strafanzeige ratsam wäre.

Schon habe ich eine mail von einer Mutter aus Nürnberg. Der hat das Gericht am 23. September 2010 so allerlei vorgeworfen. Vier Tage später geht diese Mutter mit ihrer Tochter wie auch sonst regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung. Das Kind ist putzmunter, bescheinigt der Arzt ihr sogar schriftlich. Dann vergehen nur noch wenige Stunden, bis das Mädchen kassiert wird. Gerichtsbeschluss und ärztliches Attest bekomme ich per mail-Anhang.

Wieder ruft die Mutter aus Mittelamerika an. Bittet mich um einen Anruf, damit sie ihre Tochter besuchen darf. Wird erledigt. Die Heimleiterin aus Münster ist nett.

14 Uhr, ich radele zu meiner Mutter, damit sie nicht nachmittags allein auf der Terrasse sitzt, kehre gegen 18 Uhr zurück. Der nächste Anruf...

Tja, so ist das, wenn man zu faul zum Arbeiten ist...

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