Mittwoch, 19. Januar 2011

Seniorensterben

19. Januar 2011
Ratgeber rafft ältere Leute dahin

Mysteriöses Seniorensterben in Deutschland, bislang sind 1056 Todesfälle bekannt geworden, die Dunkelziffer liegt nach Angaben der Bundesärztekammer höher, da viele nicht spezialisierte Ärzte die wahre Todesursache nicht erkennen könnten.


Lachkrampf als Grund für das Dahinscheiden älterer Menschen sei zudem noch nicht ausreichend erforscht, erklärt das Robert-Koch-Institut. Diese tödliche Krankheit könne aber durchaus ansteckend sein. Die katholische Kirche warnte sogleich vor der Anwendung von Verhütungsmethoden, die vom Vatikan noch nicht frei gegeben worden seien. Der Papst kündigte bereits eine Enzyklika an, die für alle bindend sein werde.

Das mysteriöse Seniorensterben begann - sind sich die Experten einig - mit dem Verkauf der Broschüre "Zerstreutes Wohnen - Ratgeber für alle ab 70" des Wilhelmshavener Autors Heinz-Peter Tjaden, der auch früher schon mit Werken auffällig geworden ist, die zum Lachen reizen.

Doch: Dieser Ratgeber kann offenbar auch noch tödlich sein. Deswegen hat die Oldenburger Staatsanwaltschaft inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen den Verfasser wegen fahrlächerlicher Tötung eingeleitet.

"Meine Oma ist schon auf Seite 7 der Broschüre gestorben", berichtet eine verzweifelte Enkelin aus Osnabrück. Die 22-Jährige hat ihre Großmutter heute Morgen in ihrer Wohnung gefunden. Der sofort herbeigerufene Arzt konnte nur noch den Tod der 73-Jährigen feststellen. Vor der per Lachkrampf Dahingerafften lag der Ratgeber von Tjaden.

Buchhandlungen haben heute Mittag eine Rückrufaktion für die 12 345 verkauften Exemplare gestartet. Auch der Bestell-Link http://stores.lulu.com/hwilmers soll vom Internet-Verlag Lulu umgehend gesperrt werden, teilt das Bundeskriminalamt mit.

Das Erste Deutsche Fernsehen (ARD) strahlt um 20.15 Uhr eine Sendung mit dem Titel "Tödliches Lesen" aus, die von allen anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten übernommen wird.

Der Autor ist bislang für eine Stellungnahme nicht erreichbar gewesen. Dem Vernehmen nach sitzt er in einem Zug nach München. Angeblich geplant ist eine Lesung in einer Seniorenwohnanlage der bayerischen Landeshauptstadt. Vor einem Besuch wird dringend gewarnt.

Sollte Heinz-Peter Tjaden tatsächlich in dieser Seniorenwohnanlage erscheinen, wird er unverzüglich - so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft - in Gewahrsam genommen.

Sachdienliche Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle unter der eilends eingerichteten Hotline 978-1-4461-4895-2 entgegen. Diese Nummer entspricht der ISBN-Nummer der Broschüre.

Soeben sind auch die ersten Todesfälle aus der Schweiz und aus Österreich bekannt geworden. Die Lachkrampf-Seuche hat also die nationalen Grenzen schon gesprengt.

Dienstag, 18. Januar 2011

Flachpfeifen?

18. Januar 2011
Facebook-Hilfe für eine Mutter aus Wien

Bei Facebook tummeln sich überwiegend Flachpfeifen, die dumme Kommentare hinterlassen? Die ihre virtuellen Freunde im Stich lassen, wenn sie Hilfe brauchen? Wie jüngst geschehen, als eine Frau ihren Selbstmord ankündigte, verhöhnt wurde und ihren schrecklichen Vorsatz in die Tat umsetzte?


Einmal abgesehen davon,dass auch reale Freunde nicht immer zu einem halten und oft das Sprichwort gilt "In der Not gehen 1000 Freunde auf ein Lot", erlebt jetzt eine fünffache Mutter aus Wien Hilfsbereitschaft, die sie im Facebook jubeln lässt.

Vor kurzer Zeit sendete sie einen Hilferuf in die virtuelle Welt. Sie könne sich keinen Anwalt leisten, berichtete sie, habe aber am 24. Januar eine schwere Verhandlung vor sich, müsse mit Kosten rechnen, weil ihr staatliche Unterstützung versagt worden sei.

Für jedes ihrer Kinder bat sie um einen Euro. Für Spenden gab sie eine Bankverbindung an. Die sind nun auf dem Überweisungsweg. Die spannende Frage lautet: Wie hoch wird die Spendensumme?

Heute hat diese Mutter ins Facebook geschrieben: "Ihr seid die wahren Helden!" Die nun alle für den 24. Januar die Daumen drücken. Vielleicht endet ein zweijähriger Kampf doch noch mit einem Happy End.

Sonntag, 16. Januar 2011

La Mama

16. Januar 2011
Italien feiert eine Mutter

Im Süden von Deutschland: Eine Mutter geht mit ihrer kleinen Tochter zum Kinderarzt. Die Untersuchung ergibt: Dem Mädchen geht es prächtig. Zur gleichen Zeit trudelt beim Jugendamt eine Gefährdungsmeldung ein. Das Kind werde vernachlässigt, heißt es. Drei Tage später ist das Mädchen weg. Die Bescheinigung des Arztes wird ignoriert.


Heiß diskutiert wird in Italien derzeit der Fall Colombo. "In Deutschland gehören die Kinder dem Staat", sagt diese Mutter immer wieder vor laufenden Fernsehkameras. Im Frühjahr 2010 hat sie ihre Kinder zum zweiten Mal aus Deutschland entführt. Das Münchner Familiengericht urteilte zwar, dass die Jungen beim Vater besser aufgehoben wären, aber in Italien wird Marinella Colombo als "La Mama" gefeiert, obwohl auch ein Gericht aus Mailand gegen sie entschied. Sie hat Nicolo (8) und Leonardo (12) gut versteckt. Niemand kann sie finden.

In jeder Sendung über diesen Fall wird den Zuschauerinnen und Zuschauern eingetrichtert: Das Jugendamt ist eine Erfindung der Nazis. Das ist falsch. Die ersten Jugendämter gab es 1925. Basis war das 1924 in Kraft getretene Reichsjugendwohlfahrtsgesetz. Zu den Aufgaben gehörten die Sonderfürsorge für Minderjährige, die Krüppelfürsorge, die Heilfürsorge und die Fürsorgeerziehung. Heute ist in Deutschland Gesetz: Jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt muss ein Jugendamt haben.

Im hohen Norden: Einem Ehepaar werden alle Kinder weggenommen. Sie kommen immer morgens. Eine der Begründungen für das Eingreifen des Jugendamtes lautet: Das Paar zieht seit 1976 zu oft um. In jenem Jahr ist die Mutter 13 Jahre alt. Wohnt bei ihren Eltern.

2009 sind 33 710 Kinder aus ihren Familien genommen worden, 31 Prozent mehr als 2005. 2006 stirbt in Bremen der kleine Kevin, ein Jahr später in Nördlingen die kleine Leonie. In den Jugendämtern steigt die Nervosität. Kommen sie zu spät, hagelt es Kritik. Deswegen kommen sie lieber zu früh, manchmal sogar grundlos.

"Bei Anruf Kind weg" hat kürzlich die Presse berichtet. Über eine gehörlose Mutter aus Hamburg, die sich vom Jugendamt Hilfe erhoffte. Inzwischen ist ihr Junge in einem Heim - nach zwei Jahren in einer Pflegefamilie. Die Mutter sei psychisch labil, behauptet das Jugendamt. Kein Wunder, sagt sie, wenn einem das Kind einfach so weggenommen wird...

Schon seit Jahren steht die Forderung im Raum: Schafft eine Fachaufsicht für Jugendämter. Das Bundeskabinett denkt über eine Schiedsstelle nach. Bis dahin wird so manches Jugendamt noch diese Argumentationskette vorstanzen: Erst ist es für eine Rückkehr der Kinder zu früh, dann zu spät.

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Dienstag, 11. Januar 2011

Stolz wie Mike

11. Januar 2011

Keine zehn Sekunden später hat er am Notebook gesessen, seine Pfoten huschten über die Tastatur, Freundin auf Freundin bekam eine mail, jede Mitteilung klang stolzer als die andere, immer wieder schwärmte er von der roten Farbe, die so vorzüglich zu braun, schwarz und weiß passte.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. "Klasse", "Glückwunsch", "Woher bekomme ich so was?" "Würde ich auch gern haben." Mit jeder Antwort wuchs er um ein paar Zentimeter.

Ich saß derweil auf der Couch, las Zeitung, erfuhr von einer Studie des niedersächsischen Landesbetriebes für Statisitik, aus der hervorgeht, dass relativ gesehen mehr Geschiedene Raucher sind als Verheiratete. Kein Wunder, dachte ich, denen sitzt auch niemand im Nacken, der vor sich hin nölt: "Qualmst du schon wieder die Bude voll?"

Dann war er fertig, kam zu mir und rollte sich zufrieden und stolz zusammen. Die rote Steuermarke der Stadt Wilhelmshaven, gültig ab 2011, baumelte von seinem Halsband. Die war heute mit der Post gekommen.

Für mich allerdings war das kein Schmuckstück, sondern nur ein wenig Blech, für das ich alle drei Monate 22,50 Euro blechen muss.


Verträumter Blick zu roter
Steuermarke. Foto: der Steuerzahler


Sonntag, 2. Januar 2011

Druckvolles Themenjahr

3. März 2010
Burgdorf und die Zeitungsdetektive

Viele Städte polieren ihr Image auf, geben sich ein Motto, wollen so Betriebe und neue Bürgerinnen und Bürger anlocken, die Leben auf die Straßen und Plätze sowie Einnahmen in die Kasse bringen. Das ist auch in Burgdorf so. In dieser Kleinstadt vor den Toren Hannovers gibt es mit dem Verkehrs- und Verschönerungsverein eine rührige Organisation, die jährlich um die 100 Veranstaltungen organisiert. Publikumsmagneten sind die Pferdemärkte mit tollen Rahmenprogrammen. Diese Märkte haben Tradition wie das Schützenfest im Juni und der Oktobermarkt. Neu dagegen sind Themenjahre. Thema 2010: „Burgdorf lädt ein“. Auf den offiziellen Internetseiten der Stadt Burgdorf findet man allerdings keinen Link, der auf direktem internettem Weg zu den Veranstaltungen führt. Das ist schade. Könnte aber noch geändert werden.

Wie die Stadt 2011 besonders spannend machen könnte. Nahe liegendes Themenjahr: „Druckvolles Burgdorf“. Denn: 1986 hat die Lokalzeitung „Burgdorfer Kreisblatt/Lehrter Stadtblatt“ ihr Erscheinen eingestellt. Der ehemalige Burgdorfer Lokalredakteur Heinz-Peter Tjaden plant bereits ein Buch, in dem auf amüsante und informative Weise Zeitungsgeschichte erzählt werden soll. Das muss es aber nicht gewesen sein.

In den Stadtmauern existiert zwar auf Initiative des CDU-Ratsherrn Paul Rohde, der bis zuletzt als freier Mitarbeiter in dem Familienbetrieb beschäftigt gewesen ist, ein Archiv mit allen Ausgaben, aber Archive neigen zu Staubbildung. Also, pusten! Mit Aktionen und Veranstaltungen rund um das auf Zeitungsseiten gedruckte Wort. Als Veranstaltungsort bietet sich die ehemalige Rotation des „Burgdorfer Kreisblattes/Lehrter Stadtblattes“ an. Die liegt zentral, nebenan befinden sich die Räume der HAZ/Neue Presse-Beilage „Anzeiger für Burgdorf und Lehrte“ und des zweimal in der Woche erscheinenden „Marktspiegels“.

Für Kinder und junge Leute könnten Schreibwerkstätten eingerichtet werden, in denen Profis dem Nachwuchs den Zeitungsalltag nahe bringen. Anregungen holen könnte man sich von der „Braunschweiger Zeitung“, der „Salzgitter Zeitung“ und den „Wolfsburger Nachrichten“. Die haben das Projekt „Schule und Zeitung“ gestartet, ein tolles Begleitheft herausgegeben und Kinder zu Reportern mit eigenem Ausweis gemacht. Weitere Möglichkeiten wären: Öffentliche Plaudereien mit Ehemaligen von Kreis- und Stadtblatt, in Aachen gibt es mit dem Internationalen Zeitungsmuseum ein weltweit einmaliges Museum, das möglicherweise Leihgaben für das Burgdorfer Stadtmuseum herausrücken würde, Diskussionen mit örtlichen Werbe- und PR-Agenturen, Kinotage mit Filmen, in denen fiktive oder reale Zeitungsgeschichten erzählt werden, Einblicke in die Entwicklung des Druckereiwesens, Führungen durch den Madsack-Konzern als wichtigstes Unternehmen in der Zeitungsbranche der Region Hannover, eine Messe mit Ständen aller, die in Burgdorf zur Medienlandschaft gehören und und und…

Das wäre ein „druckvolles Burgdorf“, die Maschinen müssen nur angeworfen werden. Ausspucken könnte sie auch die Aktion „Burgdorf und die Zeitungsdetektive“, die Rätsel aus der Stadtgeschichte mit Hilfe von Artikeln aus der 1986 eingestellten Lokalzeitung lösen.

Burgdorf schreibt Geschichte - aber keine Zeitungsgeschichte?