Freitag, 26. Februar 2010

Die NABU-Störche

26. Februar 2010
Mit Satellitensendern unterwegs

Berlin - Der Frühling kommt: Die ersten Weißstörche in Afrika machen sich bereits auf den Heimflug. Einer von ihnen trägt den Namen „Hobor“ und ist Besuchern der NABU-Internetseite schon bestens bekannt. Immerhin konnten sie seinen Weg während der zurückliegenden sechs Monate im Internet verfolgen. "Hobor" ist einer der drei schleswig-holsteinischen Störche, die der NABU im Sommer vergangenen Jahres mit Satellitensendern ausgestattet hat. Ziel der Aktion ist es, den Einfluss von klimatischen Bedingungen auf das Zugverhalten des Weißstorchs zu untersuchen.

Traurig für NABU  war: Die Störchin "Gertrud" starb im Januar in Tansania. Die Gebeine der Störchin und der Sender, der seit dem 3. Januar keine Positionsveränderungen mehr gemeldet hatte, wurden jetzt gefunden. NABU-Experten stellten fest, dass die Störchin an einer natürlichen Todesursache, vermutlich an einer Krankheit, gestorben ist.

Storch "Hobor" verbrachte den Winter in der Sahelzone südlich der Sahara. Ende der vergangenen Woche startete er vom Sudan aus auf seine mehr als 5.000 Kilometer lange Rückreise. „Das ist ein verhältnismäßig früher Zugbeginn“, sagt NABU-Storchenexperte Kai-Michael Thomsen vom Michael-Otto-Institut. „Hobor scheint ganz gut durch den Winter gekommen zu sein, sonst würde er noch länger in Afrika bleiben“, vermutet Thomsen.

Die Klimadaten seit vergangenem Herbst zeigten den Bergenhusener Wissenschaftlern, dass offenbar ausreichend Regen im Sudan gefallen war, so dass sich die Störche lange im Sahel aufhalten konnten. Das sei nicht in allen Jahren so. Normalerweise starten Weißstörche erst Ende Februar zum Frühjahrszug. „Anfang April rechnen wir mit der Ankunft von Hobor. Dann werden auch die anderen nach Osten ziehenden Weißstörche frühestens ihre Nester besetzen“, so Thomsen.

Ganz anders verhält sich dagegen Weißstorch „Helmut“. Er hat die westliche Zugroute genommen und den Winter in Spanien verbracht. Helmut trennen nicht einmal 2.000 Kilometer von seinem Nest in Schleswig-Holstein. Deshalb kehren Weißstörche, die in Spanien überwintert haben, bereits ab Anfang März zu ihren Nestern zurück. Da seine Partnerin "Gertrud" gestorben ist, wird sich "Helmut" in diesem Frühjahr nach einem neuen Weibchen umschauen müssen.

Dienstag, 23. Februar 2010

Die verstopfte Toilette

23. Februar 2010
Ungeahnte Folgen

Im Netz kursiert eine ironische Betrachtung der Bürokratenwelt, die liest sich in leicht abgewandelter Form so:

Die Damentoilette im Rathaus ist verstopft - plötzlich und ohne Vorwarnung!

Darauf reagiert ein Verwaltungsbeamter des mittleren Dienstes selbstherrlich und in völliger Überschätzung seiner Kompetenz. Er gibt einem örtlichen Sanitärbetrieb den Auftrag für die Verstopfungsbeseitigung.

Glücklicherweise ist ein  Beamter des gehobenen Dienstes anwesend, als die Handwerker eintreffen. Sofort erkennt er die ganze Tragweite des Skandals. Nicht nur, dass ein Schwippschwager des Untergebenen in der Firma arbeitet, ist  unfassbar, der Auftrag hätte außerdem ordnungsgemäß ausgeschrieben werden müssen - europaweit!

Der Inspektor leitet sofort die erforderlichen Schritte ein: Die Handwerker werden des Rathauses verwiesen, das Damenklo versiegelt, der Auftrag ausgeschrieben und gegen den Auftraggeber ein Disziplinarverfahren eingeleitet. Weiter verfügt der Inspektor, dass das Herrenklo bis zur Reparatur zum Damenklo umfunktioniert wird und die männlichen Bewohner an einer vor dem Rathaus stehenden Linde ihre Notdurft zu verrichten haben.

Die Betroffenen beschweren sich deswegen beim Personalrat, da es keine sinnvolle Regelung für das "große Geschäft" gibt. Der Inspektor bestellt daraufhin einen ToiToiToi-Container, allerdings ohne Rücksprache mit seinem Dienstvorgesetzten und ohne Ausschreibung.

Ein zufällig an der Linde urinierender Beamter des höheren Dienstes lässt den Container sofort wieder abfahren. Für das intakte Klo erstellt er einen Nutzungsplan. Der Hausmeister bekommt den Auftrag, alle zwei Stunden das Geschlechtspiktogramm an der Toilettentür auszutauschen. Der Inspektor hat ein Disziplinarverfahren am Hals.

Da die Herren der Schöpfung während der Damenbenutzungszeiten ihr "kleines Geschäft" weiterhin an der Linde verrichten, beschweren sich die weiblichen Beschäftigten bei der Gleichstellungsbeaufttragten, weil sich die Männer so einen illegitimen Vorteil verschaffen. Der Bürgermeister lässt die Linde fällen - ohne Rücksprache mit dem Umweltministerium und ohne europaweite Ausschreibung.

Die ganze Führungsetage des Rathauses wird suspendiert. Ein Klempner aus Spanien soll das Damenklo reparieren, der Toilettencontainer kommt aus Nordfinnland.

Doch: Ein Praktikant ist schneller. Er bringt von zuhause eine Handspirale mit und beseitigt die Verstopfung.

Diese beispiellose Eigeninitiative bedeutet für die Verwaltung eine große Herausforderung. Vor der Einleitung eines Disziplinarverfahrens müsste der junge Mann erst einmal verbeamtet werden.

Donnerstag, 11. Februar 2010

Esoterik-Markt

11. Februar 2010
Klopf, klopf - Energie fließt wieder

Hilft gegen alles, gibt es zwar nicht, kann man aber behaupten. Wie Professor Dr. phil. Ruthard Stachowske auf den Seiten seines Institutes für mehrgenerationale Forschung und Therapie (IMFT), das 1996 gegründet worden ist, wenn er dort verlautbaren lässt: „Die Durchführung von Therapien nach der Energiefeldtherapie-Methode (EFT)“ gehöre zu den Zielen auch in der von ihm geleiteten Therapeutischen Gemeinschaft Wilschenbruch.

In den höchsten Tönen gepriesen wird diese Methode ebenfalls auf den Seiten www.gesundheitstrends.de, die von Birmingham aus ins Netz gelangen und mit dem Hinweis versehen sind, dass man keinesfalls auf einen Arztbesuch verzichten sollte: „Emotional frei ist nicht, wer schmerzhafte Erinnerungen verdrängt, sondern wer Schmerz und Erinnerung trennt. Gary Craig, der die energetische Heilmethode ´Emotional Freedom Techniques (EFT)´ entwickelt hat, sieht den Grund für jedes negative Gefühl in der Unterbrechung des Energiesystems des Körpers. Die Energiefeld-Therapie habe eine heilende Wirkung, weil durch das sanfte Klopfen auf blockierte Meridiane die Energie wieder ins Fließen gelange und sich durch gleichzeitiges Benennen der belastenden Erfahrungen die gewünschte Loslösung davon im Gehirn verankert. Auf diese Weise lassen sich - auch in der Selbstbehandlung - Ängste, Phobien und Traumata erfolgreich behandeln.“

Der Erfinder dieser Methode ist ein amerikanischer Ingenieur, der sich aus der chinesischen Medizin bedient hat. Hierzulande allerdings werden solche Weisheiten eher in die Nähe des Okkultismus gerückt. Doch Esoterik boomt und ist ein Milliardengeschäft. Manche schlürfen angeblich heilende Substanzen und schwören auf diese Bachblüten, die ebenso angeblich gegen alles Hilfe leisten. Andere gehen gleich zu den Scientologen und bringen ihre Engramme aus dem reaktiven mind beim Auditing zur Sprache, die beim Begleichen der Rechnung ins Stottern geraten kann. Jeder Humbug findet seinen Platz auf dem Esoterikmarkt.

Interessant sind immer die Parallelen: Auch L. Ron Hubbard hat seine Methode in den Anfangsjahren als Selbstheilungsmethode angepriesen. Die Scientology Church gab es noch nicht, als dieser Science-fiction-Autor behauptete, er habe sich sozusagen im Alleingang von schweren Krankheiten wieder befreit. Doch irgendwann merkt jeder, dass er auf eine Goldader gestoßen ist und schon ist aus einer Selbstheilungsmethode eine Methode geworden, die andere so lange erlernen müssen, bis sie endlich vergessen haben, dass es Anlass zur Methodenkritik gegeben hätte.

Vieles schmerzt. Eine Trennung. Der Verlust des Arbeitsplatzes. Der Tod eines lieben Menschen. Die schlechten Zeugnisse der Kinder. Die Niederlage des Lieblingsvereins. Ein Sturz. Ein Bankkonto mit roten Zahlen. Manche Fernsehprogramme. Aber wie trennt man da den Schmerz von der Erinnerung? Kann man um 17.18 Uhr noch beim Schlusspfiff des letzten Saisonspiels geheult haben, weil nun der Abstieg der Elf dort unten besiegelt ist und sich um 17.23 Uhr schon wieder auf die Schulter klopfen, da jedem Abstieg auch ein Aufstieg folgen kann? Geht nicht. Denn dazu müsste man sich an die Regeln im Fußballgeschäft erinnern. Dafür erforderlich sind: gespeicherte Informationen. Auch schmerzhafte.

Wenn Intelligenz bedeutet, dass man sich in unbekannten Situationen mit dem vorhandenen Wissen zurechtfindet, dann hätte die Energiefeldtherapie Dummheit zur Folge. Wenn sie erfolgreich wäre. Ist sie aber nicht. Das ist gut so, denn der Mensch ist keine Maschine, aus der bestimmte Teile einfach entfernt werden können und die mit neuen Teilen wieder in Schwung gebracht werden kann. Wer behauptet, er könne an der Seele herumschrauben oder sie weich klopfen, ist ein Scharlatan. In welchem Gewand diese Scharlatane daherkommen, ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass der Volksmund dafür den Begriff „Seelenklempner“ geprägt hat.

Sollte nun jemand meinen, dass mit der Energiefeldtherapie die esoterischen Grenzen abgesteckt sind, der irrt sich gründlich. Auch nach Craig kommt immer noch was, beispielsweise der Energiekörper. Den allerdings können nur medial Veranlagte sehen, heißt es auf den einschlägigen Seiten. Schon bricht man auf zu glücklicheren Ufern, die man laut Bhagwan, der seine Guru-Laufbahn 1969 begonnen hat, aber nur erreichen kann, wenn man sich als Gefäß betrachtet, dass geleert werden muss. Wohin derlei Entleerungen führen können, hat Giovanni Trappatoni 1998 als Trainer von Bayern München in seiner legendären Wutrede über die Spielweise seiner Mannschaft so zum Ausbruch gebracht: „Flasche leer“. Deswegen habe er fertig. Wenn das nicht Warnung genug ist…

Mittwoch, 10. Februar 2010

Warum ist das schlecht so?

10. Februar 2010
Liebes Amtsgericht hinter dem Hauptbahnhof von Hannover,
lieber Richter Dr. Michael Siegfried,

dieser 38-Jährige muss am 24. Februar unbedingt frei gesprochen werden. Ein Freispruch wäre gleichzusetzen mit Bekennermut vieler stärken. Da die Verhandlung um 10.15 Uhr im Saal 3112 beginnt, könnte der Fall vorher mit allen Folgen bei einem Bier in der Kneipe „Die letzte Instanz“ noch einmal durchgespielt werden.

1. Szene: Der 38-Jährige fährt mit Bus und Bahn. Das ist auch im Oktober 2008, im Januar 2009 und im September 2009 gut so.

2. Szene: Schlecht findet dagegen die Staatsanwaltschaft: Dreimal wird dieser Mann als Schwarzfahrer ertappt. Hat er nie bestritten. Auch das ist gut so.

3. Szene: Bei den Verhören hat der 38-Jährige die Auffassung vertreten, er habe sich nicht strafbar gemacht, weil er bei U-Bahn-Fahrten stets ein T-Shirt mit dem gut sichtbaren Aufdruck „Ich fahre schwarz“ trug. Das ist Recht so.

4. Szene: Der Mann bekennt sich also zu dem, was er tut. Ohne Wenn und Aber. Das ist prächtig so. Dafür darf er nicht bestraft werden. Der 38-Jährige könnte als Vorbild dienen. Andere müssten seinem Beispiel folgen.

5. Szene: Tragen würden dann jede „Bild“-Redakteurin und jeder „Bild“-Redakteur ein T-Shirt mit dem gut sichtbaren Aufdruck „Ich lüge wie gedruckt“, jeder FDP-Bundestagsabgeordnete ein T-Shirt mit dem gut sichtbaren Aufdruck „Ich werde von Möwenpick bezahlt“, der Verteidigungsminister ein T-Shirt mit dem gut sichtbaren Aufdruck „Müsste ich noch einmal Soldat sein, wäre der Krieg in Afghanistan zu Ende“, jeder Steuersünder ein T-Shirt mit dem gut sichtbaren Aufdruck „Ich habe bei der Schweizer Bank Y ein Schwarzkonto mit der Nummer 123“…Der Beispiele könnten noch viele folgen.

6. Szene: Liebes Amtsgericht hinter dem Hauptbahnhof von Hannover, lieber Richter Dr. Michael Siegfried, was geschieht eigentlich am 24. Februar, wenn der Angeklagte den Saal betritt mit einem T-Shirt, auf dem gut sichtbar steht „Auch heute habe ich keine Fahrkarte gelöst“? Fließt dieses Bekenntnis gleich ins Urteil ein - oder muss dafür ein neues Ermittlungsverfahren eingeleitet werden?

Sonntag, 7. Februar 2010

Peter Hahnes Auswanderer

7. Februar 2010
Zu Ende denken darf man nicht

Liest man die Kolumnen von Peter Hahne, sollte man sein Gehirn ausschalten. Wie diesen Sonntag bei „Das Abenteuer Auswandern und der Exodus der besten Köpfe“. Denn: Die Gedanken dieses Ostwestfalen darf man nicht zu Ende denken. Tut man es doch, bleibt es nicht bei Peter Hahnes Satz „Täglich verliert Deutschland ein ganzes Dorf!“


Dann liest man zwischen den Zeilen dieses Kolumnisten der „Bild am Sonntag“: Forscher, Facharbeiter, Ärzte und Handwerker dürfen sich nicht für einen Arbeitsplatz in der Schweiz, in den USA oder in Skandinavien entscheiden, weil sonst eine Rechnung offen bleibt. Auf der stehen die Kosten für die Ausbildung dieser „besten Köpfe“, auf denen Deutschland sitzen bleibt, wenn jemand sein Wissen und sein Können anderswo zur Verfügung stellt. Das darf nicht sein, meint Peter Hahne zwischen mehreren Gedankensprüngen: „Doch wer aus Frust über Bürokratie, hohe Steuern oder schlechte Berufschancen auswandert, …sollte bedenken: Er verdankt Kindheit und Jugend, Bildung und Ausbildung genau diesem ´System´…“

Weiter oben steht zwar, dass Deutschland „endlich“ überall offene Grenzen hat, aber das wäre nach Auffassung von Peter Hahne offenbar nur dann nicht weiter schlimm, wenn ausschließlich „Aussteiger mit Gitarre und Rucksack“ gehen würden. Dabei beruft er sich auf einen Migrationsforscher: „Es besteht die Gefahr, dass die Tüchtigen Deutschland verlassen, während die Chancenlosen bleiben, weil es nirgendwo ein vergleichbares Sozialsystem gibt.“

Im letzten Absatz gibt es zu Peter Hahnes Leidwesen auch noch die Rüstigen. Die lassen sich als Rentnerinnen und Rentner irgendwo im Süden die Sonne auf den Bauch scheinen, bis sie krank und pflegebedürftig werden und „reumütig“ zurückkommen, weil sie „unsere Hochleistungsmedizin oder unser Pflegesystem brauchen“.

Da hilft doch nur eins: Man macht die Grenzen dicht, nimmt jedem Deutschen den Ausweis weg und verdonnert ihn zu lebenslänglich hier geblieben. Das allerdings darf Peter Hahne nicht einmal in der „Bild am Sonntag“ schreiben. Also verharren seine „Gedanken am Sonntag“ stets im nicht zu Ende denken. Das überlässt er jenen Leserinnen und Lesern, die ihr Gehirn beim Studium seiner Ausführungen nicht ausschalten.