Sonntag, 27. April 2008

Servicewüste

27. April 2008
Es gibt immer etwas zu tun

Montags ist die Woche noch jung und meine Mutter schon etwas älter, doch an den Wetterbericht erinnert sie sich immer noch: “Die haben gesagt, dass es schön werden soll. Dann könnten wir endlich etwas für die Terrasse kaufen.” Denn der alte Pavillon ist bei einem Herbststurm weggeflogen. Nordseeküstenbewohner wissen: So schnell kann man gar nicht gucken.

So schnell ist meistens auch mein Hund, also schnappe ich mir Mike, schwinge mich auf mein Fahrrad und mache mich auf den Weg zu einem No-Name-Baumarkt im Stadtnorden. So sieht der Pavillon, der im Eingangsbereich steht, auch aus. Dieses wackelige Gestänge mit einem Textildach drauf würde nicht einmal ein laues Frühlingslüftchen überstehen.

Keine Information an der Information

Doch bei mir in der Nähe gibt es einen Hagebaumarkt. Den steuere ich am Dienstag an und begebe mich sogleich zur Information, die ich allerdings nicht bekomme, denn der Mitarbeiter, der drei Schritte auf mich zukommt, zeigt kein größeres Interesse an der Verschönerung elterlicher Terrassen. Ein zweiter Mitarbeiter, der aus den Weiten der Regale auftaucht, findet irgendwo einen Katalog, blättert in ihm herum und stellt fest: “Nichts drin.”

Ich zeige auf die Tische, Stühle, Schirme und Elemente, die in unserer Nähe stehen: “Kann man das irgendwie neu kombinieren?” Mit dieser Frage erwische ich diesen Mitarbeiter auf dem falschen Fuß und auch den richtigen bewegt er nicht. Bewegung kommt in ihn erst hinein, als ein Kunde auftaucht, der sich darüber beschwert, dass sein Rasenmäher schon nach einem halben Jahr nicht mehr funktioniert: “Wenn ich jetzt die Reparatur bezahlen soll, nehme ich mir einen Anwalt.” Weg ist dieser Mitarbeiter mit den Worten: “Ich muss meinen Chef holen.” Lass uns Leine ziehen, sagt der Blick von Mike.

Die schönste Straße

Mittwochs nehme ich mein Auto, fahre stadtauswärts und Udo Lindenberg singt: “Die schönste Straße unserer Stadt führt aus ihr hinaus.” Damit besingt Udo zwar Gronau, aber dieses Lied könnte er auch für Wilhelmshaven geschrieben habe und schon parke ich vor Hornbach - und drinnen flitzen Kunden herum, einen Angestellten entdecke ich nirgendwo, aber das Freigelände. Dort steht ein Pavillon aus Holz, der auf die Terrasse meiner Eltern passen würde und bestimmt auch Herbststürmen standhält.

Standfest ist auch der Bekittelte, der Tüten mit Schrauben aufhängt: “Das Freigelände ist da hinten.“ Dass ich gerade von dort komme, glaubt er mir offenbar nicht und hängt weiter seine Tüten auf. Es gibt eben immer etwas zu tun…

Freitags setze ich mich erneut in mein Auto, dieses Mal will ich es bei Praktiker probieren, der Parkplatz ist voll gehängt mit Plakaten, auf denen “20 Prozent Rabatt auf alles - ausser Tiernahrung” versprochen wird. Ich halte Mike die Augen zu, schlage an der Information einen Katalog auf und finde auf Seite 55 das Passende. Der Rest ist schnell erzählt: Für 1060 Euro habe ich bei Praktiker glatt etwas bekommen. Damit war eigentlich kaum noch zu rechnen…

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Dienstag, 22. April 2008

Bürgernähe

22. April 2008
Wenn ein Jugendamts-Mitarbeiter zwei Mal klingelt

40 bis 50 Prozent aller weiblichen Arbeitnehmerinnen und 10 Prozent der männlichen Arbeitnehmer sind schon einmal sexuell belästigt worden. So steht es in einer Studie der Europäischen Kommission. Zwei deutsche Gerichte sind dagegen wohl der Auffassung, dass es mehr sexuelle Belästigungen geben sollte: das Amtsgericht in Minden am 4. Oktober 2006, das Landgericht Bielefeld am 25. Juni 2007 - wenn ein Mitarbeiter eines Jugendamtes zwei Mal klingelt…

Geklingelt hat dieser in Minden und in Bielefeld Freigesprochene am 17. August 2005 gegen 10.30 Uhr an der Wohnungstür einer Mutter, deren Sohn zu jener Zeit im Kindergarten war. Anlass des Besuches war das Umgangsrecht des Vaters mit dem gemeinsamen Kind.

Nicht weiter schlimm fand das Bielefelder Landgericht und hielt schriftlich fest, dass sich jener Jugendamtsmitarbeiter an diesem Vormittag nicht nur für das Wohlergehen des Kindes interessierte, sondern noch viel mehr für das Privatleben seiner Gesprächspartnerin.

Läuft da noch was?

So fragte er sie, was denn noch so laufe, wenn der Partner gut 13 Jahre älter ist. Viel konnte das nach seiner Auffassung nicht mehr sein, notierte das Bielefelder Gericht und konnte auch nachvollziehen, dass der Jugendamtsmitarbeiter dies bedauerlich fand, schließlich saß ihm eine schöne Frau gegenüber, die er folgerichtig auf den Sofaplatz neben sich bat, nicht zuletzt, damit sie einen besseren Blick in die von ihm mitgebrachten Unterlagen wagen konnte. Er aber hatte nur Augen für sie, brachte dafür das Bielefelder Gericht volles Verständnis auf, doch sie - sie kehrte an ihren Platz zurück.

Sie hat die Faxen dicke

Nach einer Dreiviertelstunde hatte sie die Jugendamts-Faxen dicke und gab ihrem Besucher die Hand zum Abschiedsgruß, die er sogleich ergriff und sie auf diese Weise zu sich heranzog. Das war aber nur der erste Schritt zur vom Bielefelder Gericht begrüßten Bürgernähe, die sogar noch größer wurde, als er ihren dünnen Pullover nach oben schob und sich an ihren Brüsten zu schaffen machte. Nach den erforderlichen Streicheleinheiten stellte er den alten Pulloverzustand wieder her und verhielt sich nach Auffassung des Bielefelder Gerichtes auch sonst so, wie es heute wohl in einigen Amtsstuben gelehrt wird: „Er vergewisserte sich kurz, dass niemand den Vorgang von draußen durch die Fenster der Wohnung wahrnehmen konnte.“

Jetzt die linke Mutterbrust

Konnte niemand - also widmete sich der Jugendamtsmitarbeiter der linken Mutterbrust. Da sich in diesen Augenblicken bei ihm mehr tat als bei einem Mann, der über 13 Jahre älter ist als seine Partnerin, bedurfte es noch einer Bestandsaufnahme, die das Bielefelder Gericht mit diesen Worten verewigte: „…führte der Angeklagte ihre Hand jedoch an seine Hose im Bereich des Geschlechtsteils.“

So weit war nicht nur für das Amtsgericht in Minden, sondern auch für das Landgericht in Bielefeld alles in Ordnung, denn ohne Vollzug der Bürgernähe wäre dieser Besuch irgendwie…doch es gibt immer noch Staatsanwälte, die derlei Treiben unsittlich finden, dazu gesellt sich das Oberlandesgericht in Hamm und demnächst „eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Bielefelds“, die sich von Neuem mit diesem Behördenverhalten beschäftigen muss.

Freitag, 18. April 2008

Nordic Walking

18. April 2008
Gesund soll es sein

Die Sonne scheint, habe ich in der Schule gelernt, über Gerechte und Ungerechte - und seit ein paar Jahren auch über weibliche und männliche Leute, die sich von Weitem betrachtet merkwürdig vorwärts bewegen. Sogar wenn sie allein unterwegs sind, sind sie nicht ganz allein, denn zwei haben sie immer dabei: Stöcke - und mein Hund wird mit jedem Meter Distanzverringerung aufgeregter, weil er sich darüber zu freuen scheint, dass nicht nur er vier Beine hat. Außerdem hofft er auf so manches Flugobjekt, das er auch zurückbringen würde.

Mike ist mit vier Beinen auf die Welt gekommen, während diese Menschen, die er so sehr mag, für die beiden weiteren Beine teuer bezahlen müssen. Doch das tun sie gern, weil sie davon überzeugt sind, dass sie sich mit dieser Unterstützung gesünder vom Fleck rühren als wenn sie mit dem Rad oder auf Schusters Rappen unterwegs wären.

So steht es auch hin und wieder in der Zeitung, denn Kurse für diese Fortbewegungsart gibt es in jeder Stadt, die überall auf die gleiche Weise angepriesen werden. Mann oder Frau schone so seine Gelenke, lernen sie, die Muskulatur werde gestrafft, Verspannungen verschwinden, sogar geringes Tempo erhöhe die Fitness, außerdem werde für eine bessere Fettverbrennung gesorgt.

Nun hat Mike eine dieser Stock-Gruppen erreicht, Schwanz wedelnd wartet er auf den ersten gelungenen Weitwurf, doch es fliegen nur Gesprächsfetzen vorbei wie „Mein Mann hat…“ - „Meine Tochter will nicht…“ - „Was soll ich nur…“ Für eine Entspannung der Stimmbänder sorgt Nordic Walking also nicht. Diese gesunde Sportart müsste dringend um ein Schweigegelöbnis erweitert werden.

Mike hat inzwischen das Interesse an Stöcken verloren, die nicht durch die Luft fliegen, sondern in den Boden gepiekst werden, er jagt hinter einem Vogel her, entspannt so seinen Rücken, verbrennt Fette und löst so die Verspannungen in den Flügeln seiner gefiederten Freunde.

Müde macht ihn eine solche Jagd auch, zu Hause rollt er sich in seinem Körbchen zusammen, hinter seiner gerunzelten Stirn verbirgt sich die Frage: „Werde ich die Menschen jemals begreifen?“ Dann schläft er den Schlaf eines Gerechten.

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Dienstag, 15. April 2008

Merkels Ausschnitt



15. April 2008
Bundeskanzlerin lässt tief blicken

Eigentlich ist es doch wohl so gewesen: Angela Merkel wollte mit einem tiefen Ausschnitt von ihrer Frisur ablenken. Dennoch fragt heute die „Hamburger Morgenpost“, ob es peinlich oder mutig gewesen ist, dass unsere Bundeskanzlerin ihre Brüste etwas tiefer hängte.

Der Bundeshaushalt soll zwar auch tiefer gehängt werden, als sich das so manches Ministerium wünscht, aber bei der Bundespressekonferenz hat die Journalistenschar am Montag den Pressesprecher nicht nach dem Sparkurs der Bundesregierung gefragt, sondern nach den großzügigen Einblicken, die Merkel bei der Eröffnung der Oper in Oslo gewährte. Für den „Stern“ ist deswegen ein neues Sex-Sternchen aufgegangen, das in der norwegischen Hauptstadt „allen anwesenden Prinzessinnen die Schau stahl“. Für Kurt Beck bleibt jetzt nur noch diese Möglichkeit: Das nächste Heimspiel von Mainz 05 besucht er in Bermudashorts.

Brüste gehen auf Reisen

„Ein Dekolleté geht um die Welt“, hat das „Hamburger Abendblatt“ aus diesem gegebenen Anlass einen Reisebericht verfasst, als sei unsere Bundeskanzlerin nicht schon oft genug in der Welt unterwegs, während in Berlin wieder einmal eine Koalitionssuppe anbrennt. Jetzt schickt sie auch noch einzelne Körperteile auf die Reise? Da kann man den Brüsten von Angela Merkel nur zurufen: hier geblieben!

Vielseitige Redaktion

Die „Rheinische Post“ nutzt die erotische Gelegenheit, um zu beweisen, dass sie sich auf vielen Gebieten auskennt: „Ihr Äußeres passte gewissermaßen zur Architektur der neuen Oper: Kühn, elegant und mit Anleihen bei der klassischen Eleganz.“ Das macht auch noch neugierig: Zeigt Angela Merkel bei den Europameisterschaftsspielen der deutschen Mannschaft noch mehr von ihren Bällen? Außerdem: Was zieht die Bundeskanzlerin an, wenn sie sich bei einer Debatte erneut die Chinesen zur Brust nimmt?

„Mehr Frau war Merkel noch nie“, übt sich der „Kölner Express“ tief blickend in Geheimnistuerei - wie weiblich unsere Bundeskanzlerin bei anderen Gelegenheiten ist, verrät uns dieses Boulevardblatt hoffentlich schnell, denn auf die Nachrichtenfolter wird niemand gern gespannt, wenn es um ein derart spannendes Thema geht.

Die Ausschnitt-Trägerin findet die Diskussion übrigens unangemessen, es gebe wichtigere Themen hat sie gesagt. Von wegen! Denn Hape Kerkeling hat stets behauptet, Norwegen sei langweilig. Jetzt nicht mehr…

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Sonntag, 13. April 2008

China-Reise in Wiesbadener Leere?

13. April 2008
Hoffentlich spielen Chinesen nicht Roland Koch

Meine liebe Schavan, hoffentlich spielen Ihre Gesprächspartner in China nicht den Roland Koch. Dann bekämen Sie zur Antwort: „China ist kein klassisches Einwanderungsland wie z. B. Kanada oder Australien. Wie in Deutschland treffen sich bei uns nicht viele Kulturen und bilden dann gemeinsam eine neue.“ Schon wären Sie mit dem, was sie laut „Bild am Sonntag“ vom 13. April 2008 vorhaben, in Peking ins Wiesbadener Leere gelaufen.

Die chinesische Führung sperrt zwar vor den Olympischen Spielen Internet-Seiten, damit möglichst wenige Informationen über Tibet nach außen dringen, zu den gesperrten Seiten gehören die täglichen Auftritte der „Bild“-Zeitung aber nicht - und dieses Boulevardblatt hat immer noch bekanntermaßen den damals gewählten und heutigen geschäftsführenden Ministerpräsidenten von Hessen am 28. Dezember 2007 in entsprechender Weise zitiert. „Multi-Kulti“ bezeichnete er als „Lebenslüge“. Wer in Deutschland lebe, habe sich anzupassen.

Für Tibet dagegen wollen Sie während Ihres China-Besuchs einfordern: „Die Entfaltung von Kultur und Religion gehört zu den selbstverständlichen Grundfreiheiten der Tibeter. Wer sie unterdrückt, muss mit einer klaren Antwort der internationalen Gemeinschaft rechnen. Während meines Besuchs in Peking werde ich Menschenrechtsverletzungen ansprechen und deutlich machen, dass das Vorgehen der chinesischen Führung in Tibet auf keine Akzeptanz stößt.“

Da Menschenrechte unteilbar sind und überall gelten müssen, wäre es höchste Zeit, dass Sie sich nach Ihrer Rückkehr in Ihrer Partei alle zur Brust nehmen, die hier zu Lande andere Kulturen und Religionen nicht zur Entfaltung kommen lassen wollen, die mit dem Papst um die Erleuchtung des Judentums beten, die mit unserem Bundesinnenminister den Islam in Generalverdacht bringen, die bei uns lebende Menschen mit Geburtsorten außerhalb der deutschen Grenzen abhängen von Chancengleichheit auf allen Gebieten.

Also: Tragen Sie den olympischen Gedanken erst einmal nach Peking, dann nach Wiesbaden, ins Springer-Hochhaus, in jedes Ministerium, in jede Organisation, zu den Lobbyisten und Ewig-Gestrigen, in die katholische Kirche, in die Kindergärten, Schulen und Universitäten von Flensburg bis Passau, vom Rhein bis zur Oder. Sie werden viel unterwegs sein müssen…

Dienstag, 8. April 2008

Mein Email-Ordner

8. April 2008
Glückstag mit überzogenem Konto

In meinem Posteingang gibt es 47 neue Mitteilungen, lehne ich mich erst einmal zurück, klicke mich in meinen Email-Ordner und überfliege die Betreffspalte. Die Nachricht „Heinz-Peter, heute ist dein Glückstag“ springt mir ins Auge, doch der Freude folgt die Ernüchterung, denn darunter steht „Ihr Konto ist überzogen“ und eine Spalte tiefer erfahre ich, dass deswegen offenbar schon eine „Härtefallkommission“ gebildet worden ist. Nach nur einem Werbespot geht es weiter.

Konzert auf Dampfer

Das Leipziger Forum Zeitgenössischer Musik und somit jetzt ich teilen mit, dass für den 1. Mai zwei Dampferkonzerte geplant sind. Bei der musikalisch-poltischen Rundfahrt auf dem Karl-Heine-Kanal spielt die Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot aus Berlin „für Genossinnen und Genossen, Katholiken, Protestanten und auch Atheisten“ Musik von Hans Eisler bis Kurt Cobain.

Der Dampfer legt um 17 und um 18.45 Uhr vom Bootssteg am Stelzenhaus (Zugang über Weißenfelser Straße 65 oder Industriestraße) ab. Die Fahrt kostet einschließlich Freigetränk 13 Euro, ermäßigt neun Euro. Bestellungen werden entgegengenommen unter Telefon 0341/2 46 56 83.

Im Namen des Herrn!

Bleiben Sie bitte dran bis zum Ende dieser Betrachtungen, denn aus der nächsten Mail erfahre ich, was heute 622 Abgeordnete, 229 Tageszeitungen, 84 Radiosender und 17 Fernsehstationen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz zu lesen bekommen: „einen Brief im Auftrag des Herrn!“ - Dr. Reinhard Kant zur Rechtfertigung des „umstrittenen Videos von Geert Wilders“, der „unbedingt vollständig“ gelesen werden muss, denn „er geht uns alle an“.

Dem Verfasser würde ich gern als Anhang ein Eisen schicken, denn er hat nicht alle an der Waffel. Dafür zwei Belege. Der Erste: „Der Mensch ist auf dem Weg zur Wahrheit. Auf diesem Wege lernte der Mensch die Demokratie. Sie bedeutet für den Menschen tatsächlich nichts anderes, als gemeinsam auf dem rechten Weg zu bleiben.“ Der Zweite: „Wer ist also bereit, die Verantwortung für die religiöse Freiheit resp. den Islam zu übernehmen? Trägt der Staat die volle Verantwortung für die Freiheit des Islam? Dann wehe ihm vor dem Herrn, wenn er dieses Versprechen nicht einhalten kann!“

50 Euro gewonnen

Und was ist mit Linda? Die verspricht mir in der nächsten Betreff-Spalte „Sie haben 50 Euro gewonnen!“ Finanziell derart gut ausgestattet könnte ich mir also durchaus leisten, was sich die niedersächsische Landesregierung heute auf die sozialpolitischen Fahnen geschrieben hat: „Neues Wohnen im Alter“.

Nun zum Wetter. Die Niederschlagswahrscheinlichkeit liegt im Norden Deutschlands bei 90 Prozent. Ich stehe trotzdem wieder auf und wechsle in meinem Email-Ordner auf Seite 2...

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Sonntag, 6. April 2008

Madonna-Video

6. April 2008
N-Joy: Mehr Musik und mehr Vorurteile?

“Keine Werbung - dafür mehr Musik” gibt es unter dem Dach des Norddeutschen Rundfunks bei n-joy. Die große Mehrheit der Hörerinnen und Hörer dürfte zwischen 18 und 35 Jahre alt sein - doch Vorurteile sollen sie hörbar pflegen wie die Alten und über Ältere.

Diesen Verdacht muss man äußern, wenn man mitgehört hat, welche Umfrage der Sender in der ersten April-Woche gestartet hat. Thema war Madonna in ihrem jüngsten Video. N-joy fand diesen Auftritt offenbar viel zu jugendlich für eine Sängerin im Madonna-Alter, deswegen lautete die folgerichtige Frage “Darf die das?”

Ist mir doch egal

Einige Anruferinnen und Anrufer sprangen auf diese Umfrage an und buhten Madonna verbal aus, doch es gab auch eine erfrischende Antwort einer Hörerin, die dem Moderator über den nicht vorurteilsfreien Mund fuhr: “Es ist mir doch egal, wie alt sie ist, wenn die Songs toll sind.”

Wenige Minuten später pries der gleiche Moderator die neue Scheibe von Udo Lindenberg in höchsten Tönen - über das Alter dieses Sängers verlor er kein Wort. Dabei böten sich Fragen wie “Darf ein über 60-Jähriger in seinen Texten noch gewisse Wörter wie A…benutzen?” “Kann ein Sänger dieses Alters noch in die Tat umsetzen, was er in seinen Songs für erstrebenswert erklärt?” “Passen die Texte zum Alter des Sängers?”

Mann ist nicht Frau

Doch diese Fragen sind n-joy nicht in den Umfrage-Sinn gekommen. Was ein Mann macht, wird von diesem Sender also anders bewertet als das öffentliche Erscheinungsbild einer Frau. Das also bekommt man bei diesem Sender hin und wieder: Vorurteile für Rundfunkgebühren.

“Die beste Musik zum Mitsingen” dürfen demnach zwar noch Männer über 60 machen, aber keine Frauen um die 50? Auch darüber freut sich n-joy ganz aktuell: Grönemeyer kommt in den Norden, denn: “Grönemeyer kennt keinen Stillstand. Seit 30 Jahren steht er nun auf der Bühne und sucht nach immer neuen Herausforderungen. Im März 2007 ist sein zwölftes Studioalbum erschienen. ´12´ schaffte es sofort auf Platz eins der deutschen Album-Charts und sorgt bei der Tour 2007 für gefüllte Stadien von München bis Hamburg.”

Grönemeyer ist ein paar Jährchen älter als Madonna - aber bei einem Mann macht das nichts? Grönemeyer und Lindenberg sind “stark wie zwei” - und eine 49-Jährige sollte mit ihren Enkeln spielen?

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Freitag, 4. April 2008

SoKo Toscana

4. April 2008
Alltägliche Betrachtungen: eines Weinglases

Wein, Weib und Tod: Freitags ist im ZDF Krimi-Zeit, sehenswert sind die Ermittlungen der SoKo Leipzig, weil sie nicht in einem realitätsfernen Raum stattfinden, sondern Bodenhaftung haben.

SoKo Toscana könnte eine ähnlich spannende Krimi-Serie werden, die Drehbücher liefert das italienische Wochenmagazin „L´Espresso“. Als erste Szene des Pilotfilmes böte sich an: Jemand nippt an einem Weinglas, dann leert er das Glas und fällt tot vom Stuhl. Schnitt.
Folgen eines alltäglichen Einkaufs?

Die Beweislage für die SoKo Toscana wäre schwierig. Handelt es sich um Mord oder um die Folgen eines alltäglichen Einkaufs? Wenn die Sonderkommission am Tatort dieses Wochenmagazin finden würde, wäre das zwar ein Indiz - mehr aber auch nicht, denn jemanden mit Wein aus Italien bewirten, ist noch nicht verboten.

Außerdem: Auch für einen potenziellen Mörder dürfte es nicht leicht sein, genau die richtige Flasche für einen gezielten Anschlag auf das Leben eines anderen zu erwischen. Obwohl: Unmöglich ist es nicht.

20 Winzer in Pansch-Verdacht

Immerhin 20 Winzer aus verschiedenen Regionen Italiens verkaufen laut „L´Espresso“ Wein, der als Mordwaffe infrage kommen könnte. Beigemischt sind diesem Rebensaft dieser Quelle zufolge Düngemittel und Salzsäure.

Obwohl so die Produktionskosten um bis zu 90 Prozent gesenkt worden sein sollen, sind diese zweifellos edlen Tropfen in den Läden nicht billiger geworden - preiswerter auch nicht. Doch: Potenzielle Mörder zahlen sicherlich auch überhöhte Preise, wenn sie auf diese Weise in den Besitz einer ansonsten unverdächtigen Mordwaffe kommen.
Da diese Tötungsmittel nach der Beschlagnahme von 600 000 Flaschen knapper geworden sind, könnte der Preis sogar noch steigen. Wie sich das auf die Zahl der Todesopfer auswirkt, ist noch nicht bekannt. 25 waren es im Jahre 1986. Seinerzeit wurde italienischer Wein mit Methanol veredelt…

Bei den Ermittlungen könnte die SoKo Toscana also auch in Archiven stöbern - womit weitere Krimifolgen gesichert wären - und die SoKo Leipzig bekäme Quoten-Konkurrenz, die bekanntlich das TV-Geschäft belebt - Mordopfer aber nicht wieder belebt. So soll es doch in spannenden Geschichten auch sein…

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Donnerstag, 3. April 2008

Hartz-IV-Sonntag

3. April 2008
Alltägliche Betrachtungen: "Hartz-IV-Sonntag"

Meinem Hund gefällt es nicht: Er muss im Auto auf mich warten, während ich die Stufen zum Hauptpostamt nehme, um die Ecke biege und nicht weiter komme, weil sich vor den Schaltern eine Schlange gebildet hat. Mein Hund wird also länger warten müssen.

Ich habe mich kaum angestellt, als sich zwei Männer in Arbeitskleidung zu uns gesellen. Der eine hat gleich einen flotten Spruch auf den Lippen: „Ist wieder Hartz-IV-Sonntag?“

Auch der andere ist über die Agenda 2010 bestens im Bilde: „Und draußen haben sie ihre Schnapsflaschen versteckt.“

Eine perfekte Lösung gegen Schlangenbildungen an solchen Tagen kennen sie ebenfalls: „Für die müsste man einen Extra-Schalter einrichten.“

Gute Idee

Die Schlange bewegt sich langsam auf die Schalter zu, während die beiden Arbeitskollegen nach einem Paketschein suchen. Wieder haben sie eine prächtige Idee: „Ich stelle mich schon einmal an. Du füllst den Schein aus.“

So machen sie es, und ich bin nach fünf Minuten am Schalter, neben mir löst ein Grauhaariger einen Scheck ein. Dem schaut einer der beiden Arbeiter über die Schulter, während der Langzeitarbeitslose sein Geld in Empfang nimmt: „So viel bekomme nicht mal ich.“

Nicht-mal-ich hievt das Paket auf die Waage, ich verlasse die Post, mein Hund ist außer sich vor Freude, ich fahre los und schalte das Radio ein. Gespielt wird die neue Scheibe von den „Ärzten“: „Lasse redn“, die dritte Single-Auskoppelung aus dem Album „Jazz ist anders“.

Hass und Titten

An der Ampel muss ich halten. "Die Ärzte" singen: „Lass die Leute reden und lächle einfach mild, die meisten Leute haben ihre Bildung aus der Bild. Und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht, aus: Angst, Hass, Titten und dem Wetterbericht!“

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Dienstag, 1. April 2008

Kinder an die Macht

22. März 2008
Kinder an die - macht doch nichts

Kinder an die - macht doch mal wieder ein paar mehr so wie früher, ruft uns Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen zu und potenzielle Eltern üben schon den Abzählreim “Eins, zwei, Kinderkrippe”. Denn das Bundeskabinett hat am 5. September 2007 beschlossen, dass bis 2013 für rund ein Drittel der Kinder unter 3 Betreuungsplätze in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege vorhanden sein sollen.

Klappt aber nur, wenn auch private Anbieter mit kommerziellen Interessen Kinder dieser Altersgruppe betreuen, hat jetzt die Ministerin festgestellt. Da tauchen vor dem geistigen Auge sogleich Anzeigen auf wie “Wir kümmern uns um Ihr Kind. Für 20 Euro die Stunde. 30 Prozent Rabatt für zweites Kind aus gleicher Familie.”

Kinder an die - macht die Klassen immer größer. Wie in jener Mittelstadt, in der sich Elternvertreter darüber beschweren, dass am Unterricht 32 oder 33 Kinder teilnehmen, das könne wohl kaum pädagogisch sinnvoll sein.

Ist es aber doch, denn so lernen die Kleinen schnell, wie Massenpanik entstehen kann - und vor dem geistigen Auge tauchen die Schulverhältnisse aus grauer Vorzeit auf, die in Erzählungen der Großväter und Großmütter eine Rolle spielen. Aus uns ist auch etwas geworden, könnte wieder zum Motto der Bildungspolitik werden.

Kinder an die - macht doch während des Unterrichtes nicht solch einen Lärm, erfährt man über eine Schule in einer Kleinstadt, dass dort 45 Minuten Lernen ohne Unterbrechungen gar nicht mehr möglich ist. Denn weder die Schule noch die Eltern haben so viel Geld, dass jede Schülerin und jeder Schüler mit Unterrichtsmaterial versorgt werden kann. Also muss es während des Unterrichtes von mehreren Kindern studiert werden. Das führt gelegentlich zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen.

Ist aber nicht weiter schlimm, denn so lernen die Kleinen von früh auf, dass geteiltes Unterrichtsmaterial bei Chancengleichheit kein Problem darstellt.

Kinder an die - macht die Schulen wieder schöner, wie in jener Großstadt, der allerdings bei der Renovierung eines Schulzentrums das Geld ausgegangen ist, so dass auf Toiletten verzichtet werden muss.

Auch darüber sollte sich niemand aufregen, denn Naturerfahrungen sind etwas Feines - und wenn es draußen irgendwann zu sehr stinkt, ziehen die Klassen in eine andere Schule um…

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