Dienstag, 24. Juni 2008

Journalist als Mörder

Wie in einem Krimi von Henning Mankell

„Der Mörder ist immer der Gärtner“, hat sich Reinhard Mey vor Jahrzehnten in einem Lied über Fernsehserien mit vorhersehbaren Fahndungserfolgen lustig gemacht. Ist aber ein Journalist der Mörder, ist er schwerer zu fassen, bekommt er für seine Reportagen über seine eigenen Taten sogar noch Preise und wird von allen Seiten gelobt. Doch diese Reportagen werden ihm schließlich zum Verhängnis, dieser Journalist kennt zu viele Details, weiß gelegentlich mehr als die Polizei und fliegt auf. Im Polizeigefängnis begeht dieser Mehrfachmörder Selbstmord.

Die eine Möglichkeit für einen Redakteur ist schon oft gewesen: Eine Geschichte hat man nur exklusiv, wenn man sie selbst erfunden hat. Was nun in Mazedonien geschehen ist, ist neu: Eine Geschichte hat man auch exklusiv, wenn man bei den Recherchen auf eigene Erlebnisse zurück greifen kann.

Mord an drei Putzfrauen

Drei Putzfrauen sind in Mazedonien ermordet worden. Stets war ein 56-jähriger Mitarbeiter mehrerer Zeitungen mit seinen Geschichten über diese Morde so dicht an den Tatorten, dass die Leserinnen und Leser fasziniert gewesen sind.

Die Morde erinnern an Henning Mankell, an grausame Roman-Taten, zu denen Kurt Wallander sagt: „Jetzt haben wir also alle die Gewissheit, von der wir alle gehofft haben, sie bliebe uns erspart.“

Im Mai 2008 wird in Kecevo eine 65-Jährige gequält, vergewaltigt und schließlich erwürgt, ihre Leiche versteckt der Mörder auf einer Abfalldeponie hinter einem Fußballstadion. Vorher sind bereits eine 62- und eine 56-Jährige auf ähnliche bestialische Weise umgebracht worden.

Redakteur weiß zu viel

Wieder taucht dieser Journalist auf, er interviewt sogar den Sohn der Ermordeten. Doch seine Berichte sind zu genau, er kennt Einzelheiten, die nur der Mörder kennen kann, am Freitag voriger Woche wird er verhaftet, Spermaspuren überführen ihn, am Montag ertränkt sich dieser Redakteur in einem Wasserkübel.

Henning Mankell hat kürzlich gesagt, dass er zurzeit nicht daran denke, seinen Kommissar Kurt Wallander literarisch wieder zu beleben. Wenn aber dem 60-jährigen schwedischen Schriftsteller diese Geschichte aus Mazedonien zu Ohren kommt - und sie wird ihm zu Ohren kommen - dann dürfen seine Fans auf einen neuen Krimi hoffen, über den der „Spiegel“ wieder schreiben könnte: „Wallander-Krimis zu lesen bedeutet, in eine wohl bekannte, wohlige Welt des Schreckens einzutauchen.“

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