Mittwoch, 14. Mai 2008

In München vor Gericht

14. Mai 2008
Pressesprecherin schweigt sich aus

Sibylle Fey ist Pressesprecherin am Oberlandesgericht in München. Ansonsten sagt sie aber lieber nichts, mag es auch um neue „Anforderungen an den Vortrag im Berufungsverfahren“ gehen, die Anwälten das juristische Leben schwerer und den Richtern das juristische Leben leichter machen. Denn fortan sollen Anwälte im Vorfeld Arbeiten erledigen, die von der Wiederholung von Beweisanträgen über Inhaltsverzeichnisse zu den beigefügten Anlagen bis hin zum direkten Austausch von Schriftstücken zwischen den an einem Berufungsverfahren beteiligten Parteien reichen.

Da einige Experten diese neuen Anforderungen für Verstöße gegen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes halten, drängen sich Fragen auf. Deswegen bekommt das Münchner Oberlandesgericht von mir am 6. Mai 2008 eine Mail mit Hinweisen auf mögliche Verletzungen geltenden Rechts.

Wo ist Ihr Presseausweis?

Darauf reagiert die Richterin und Pressesprecherin Sibylle Fey ohne schuldhaften Verzug und verzieht sich erst einmal in eine Schmollecke. „In Zukunft bitte ich“, schreibt sie, „um Beigabe eines Presseausweises, wenn Sie sich auf Ihre Stellung als Redakteur berufen (von welchem Presseorgan?)“ Dann macht sie aus den allgemeinen Verfahrenshinweisen, die also für jeden Berufungsprozess gelten, spezielle Hinweise, die nur für einen bestimmten Prozess gelten: „Ohne Angabe eines Aktenzeichens kann ich unmöglich erahnen, um welche Verfahrenshinweise es gehen soll.“

Auch meine Frage, warum die allgemeinen Verfahrenshinweise nicht im Internet veröffentlicht worden sind, damit sich jede Anwältin und jeder Anwalt darauf einstellen kann, dass die juristischen Uhren am Münchner Oberlandesgericht anders gehen, kann sie so bequem vom Pressetisch wischen: „Es ist jedenfalls nicht üblich, Verfahrenshinweise in einem laufenden Verfahren zu veröffentlichen.“ Immerhin verabschiedet sich Sibylle Fey von mir mit freundlichen Grüßen.

Hinweise als Mail-Anhang

Das finde ich so nett, dass ich ihr per Mail-Anhang die allgemeinen Verfahrenshinweise zukommen lasse. Noch einmal bitte ich sie um Beantwortung meiner Fragen, denn vermeintliche Verstöße gegen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichtes darf wohl niemand auf die leichte Schulter nehmen.

Darf Sibylle Fey aber doch, denn zumindest in München scheint die Justiz inzwischen so frei zu sein, wie sie mir das in einer zweiten Mail vom 14. Mai 2008 mitteilt: „Sehr geehrter Herr Tjaden, auch wenn es sich um Allgemeine Verfahrenshinweise handelt, bin ich schon im Hinblick auf die richterliche Unabhängigkeit nicht zu einer Stellungnahme befugt.“

Upps, erst will sie meinen Presseausweis sehen - und dann stellt sie fest, dass sie meine Fragen gar nicht beantworten darf?

Da mache ich doch glatt als unabhängiger Redakteur einen Vorschlag für Berufungsverhandlungen: Beide Parteien werden ab sofort nur noch von einem Anwalt vertreten, der tauscht mit sich die Schriftstücke aus und teilt dem Gericht nach Prüfung aller Dokumente seine Entscheidung mit, die vom Münchner Oberlandesgericht in der Mittagspause bei einem Glas Sekt abgesegnet wird. Prost!

Die allgemeinen Verfahrenshinweise

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