Samstag, 25. Juni 2011

Columbo ist tot

25. Juni 2011
Auch Unsterbliche sterben

"Ich hätte da..." Keine Frage mehr. Inspektor Columbo ist tot. Gestorben im Alter von 83 Jahren. Teilt seine Familie mit. 40 Jahre nach Start der Krimiserie hat Peter Falk sich für immer verabschiedet. Nicht mit einer Handbewegung im Weggehen, sondern als Schauspieler, der unter Alzheimer litt. Eine Krankheit, die zu diesem Film-Inspektor nicht so recht passen mag.

Actionfans wird der Erfolg dieser Serie für immer ein Geheimnis bleiben. Columbo ist nie durch Blut gewatet, hat sich in keiner Folge wilde Verfolgungsfahrten mit Verbrechern geliefert. Stets tauchte er am Tatort auf, als gehöre er dort gar nicht hin. Mit gespieltem Desinteresse kümmerte er sich um scheinbar Nebensächliches und ließ sich von den Mörderinnen und Mördern erklären, was er scheinbar nicht verstand. So bekam er sie alle. Nur seine Filmfrau hat man nie zu Gesicht bekommen. Die war immer gerade verhindert, wenn er einen Fall löste.


Und warum hieß dieser stets wider Erwarten doch so pfiffige Inspektor eigentlich Columbo? Dazu haben die Erfinder dieser Serie Unterschiedliches zu Protokoll gegeben, erfahren wir auf einer Fan-Seite. Einmal heißt es, Columbus mit seiner Hartnäckigkeit und Entdeckerfreude sei Namensinspirator gewesen, dann wieder, Columbo sei die Ableitung des Nightclubs “Palumbo´s”, auch ein Mafia-Boss aus den 1950-er Jahren wird in die Ermittlungen einbezogen, sein Name Culombo.

Das ist also ähnlich verzwickt, wie die Fälle, die Peter Falk als Columbo gelöst hat. Die Frage, wie die Erfinder der Serie auf den Vornamen des Inspektors des Los Angeles Police Departments gekommen sind, erübrigt sich. Er hat keinen - sein Hund hieß auch nur "Hund".

In Serie gegangen ist der zerknitterte Inspektor nach dem Pilotfilm “Lösegeld für einen Toten”. Die erste Folge drehte Steven Spielberg. Zu jener Zeit machte sich Peter Falk auch einen Namen mit Spielfilmen wie “Ehemänner” (1970), “Eine Frau unter Einfluss” (1974) und “Opening Night” (1977).

Als Peter Falk drei Jahre alt war, verlor er sein rechtes Auge wegen eines Tumors. Bei der Marine wurde er deshalb ausgemustert, als Koch fuhr er zur See.

Peter Falk ist tot. Doch mit Columbo wurde er unsterblich.

Samstag, 18. Juni 2011

Die Halbnackte

18. Juni 2011
Die Liebe und andere Zustände

Nun könnte ich doch glatt juristisch zurück schlagen: Im niedersächischen Landwirtschaftsministerium hängen Bilder, die einer Künstlergruppe aus Barsinghausen aus "dem Pinsel geflossen" (OT "Deister-Info") sind. Thema: "Liebe und andere Zustände". Auf Leinwand gebannt worden sind auch Erinnerungen.

Zu denen vielleicht auch ich gehöre. Weil ich eine der Künstlerinnen persönlich kenne. Und zwar so persönlich, dass ich sie vor Jahren halbnackt bei einem Spaziergang am Schwarzen Meer fotografiert habe. Dieses Foto verwendete ich für das Cover meiner Broschüre "Blumen im Haar - Philishave am Kinn - Polizeiknüppel im Nacken".


Deswegen meldete sich am 18. August 2010 ein Anwalt aus Hannover bei mir, der mir im Auftrag der halbnackt Fotografierten mit einer Unterlassungsklage drohte. Um die zu vermeiden, sollte ich eine Erklärung unterschreiben, die kostenpflichtig gewesen wäre. Tat ich nicht.

Außerdem sind Abmahnungen, Klageandrohungen und Klagen schon lange nichts Erschröckliches mehr für mich. Jüngst hat mich eine Psycho-Sekte damit geradezu überzogen. Wie ich die halbnackt Fotografierte häufiger ausgezogen habe als ein Jahr Tage hat.

Ich nahm das Foto vom Cover - und dachte mir schmunzelnd: "Ganz vergessen hat sie mich nicht." Was ich ihr jetzt ebenfalls beweisen könnte. Ich müsste nur einen Anwalt ins Landwirtschaftsministerium schicken, der die Bilder der halbnackt Fotografierten begutachtet und dann mit mir darüber berät, ob gemeinsame Bekannte mich wiedererkennen können. Das würde für eine Unterlassungsklage ausreichen.

Fände ich aber slbern. Sollte mich die halbnackt Fotografierte gemalt haben, hoffe ich nur, dass die Proportionen stimmen. Sonst müsste ich annehmen, dass sie sich weniger gut an mich erinnert als ich verdient hätte...

Samstag, 11. Juni 2011

Geschlechterverhältnisse

11. Juni 2011
Und die "Macht der Frauen"

Regine Sylvester schreibt heute ausführlich in der "Berliner Zeitung" über die "Geschlechterverhältnisse" und "Die Macht der Frauen". Steht wahrscheinlich viel Wahres in diesem Artikel - manchmal muss man sogar schmunzeln. Wenn die Autorin zum Beispiel fragt, wie Frauen "aus dem Westen" eigentlich Männer kennenlernen, wenn die angeblich immer gleich einen Sexismus-Krampf bekommen. Sie dagegen finde nichts dabei, wenn ihr nachgepfiffen wird. Regine Sylvester beschäftigt sich in ihrem Artikel mit Gewalt in Beziehungen, die nicht nur von Männern ausgehe, schreibt über sexuelle Belästigung und nennt Berlusconi einen "Sexprotz". Ein Wort, das störend wirkt in ihrer Analyse.

Dann stellt Regine Sylvester fest, dass "Frauen nicht die besseren Menschen" sind. Aber manchmal sind sie die wesentlich schöneren. Wenn sie unbefangen sind, ehrlich  und klug genug, Schönes, Zärtliches und Wildes  nicht zu zerstören, wenn Liebe und Sex neue Kapitel schreiben. Vielleicht tauchen sie dann in den Träumen eines Mannes irgendwann wieder auf.

Wenn ein schönes Pferd an mir vorbeitrabt, darf ich als Mann hinschauen, wenn aber eine schöne Frau nackt die meterhohen Wellen des Schwarzen Meeres hinter sich lässt und dort ans Ufer kommt, wo ich gerade bin, muss ich den Blick senken? Als sei die Schönheit einer Frau etwas Verwerfliches? Ich habe ihr gesagt, dass sie schön ist und als wir abends Hand in Hand ins Hotel gingen, wurde ich am nächsten Morgen von einem anderen Mann gefragt, wo ich denn diese Frau aufgegabelt hätte, als sei sie eine Speise, die man sich in einem Restaurant bestellt und sich einpacken lässt, um sie zuhause zu genießen.

Bei Liebe und Sex bekommen immer noch viele Frauen und Männer einen Verbalkoller aus der Welt des Konkurrenzkampfes und des Besitzdenkens. Sie vergreifen sich im Ton und wundern sich auch noch darüber, dass die Melodie nicht stimmt. Wer als Mann über die "Macht der Frauen" nachdenkt, während auf der anderen Seite der Tischtennisplatte ein weibliches Wesen mit durchsichtiger Bluse steht, verschlägt nicht nur die Bälle, dem verschlägt es auch die Sprache, wenn sie nach dem Match fragt: "Schlafen wir in deinem oder in meinem Zelt?" Wenn der überhaupt noch reagieren kann, dann schaut er auf die Uhr und sagt: "Aber wir kennen uns doch erst seit einer Stunde."

Nicht nur als Frau, auch als Mann kann man immer noch Nein sagen - und wird wahrscheinlich in wenigen Stunden darüber nachdenken, warum man eigentlich so blöd gewesen ist. Es hat zwar gefunkt, aber Feuer machen war nicht?

Wer sich für den Abend in einer Disco Sprüche ausdenkt, weil er jemanden kennenlernen möchte, geht hoffentlich wieder alleine nach Hause. Der ist doch für keine Überraschung gut. Ist also ein Langweiler, der sein Programm abspult und mit Gewalt will, was sich jeder Taktik  und Strategie entzieht.

Für mich sind die Betrachtungen von Regine Sylvester Funksprüche aus einer anderen Welt, in der man sich nach der Trennung um Materielles streitet, in der Männer und Frauen für Sex bezahlen, in der Gewalt herrscht. Ich habe mich noch nie mit einer Frau um Materielles gestritten, ich bin noch nie zu einer Prostituierten gegangen und lehne jede Gewalt ab.

Dann passiert dies: Man geht mit seiner ersten Frau Hand in Hand durch eine Stadt und wird sogleich gefragt: "Seid ihr wieder zusammen?" Und schon ruft von der anderen Straßenseite eine Frau: "Sind sie nicht. Ich habe ihm nur heute Abend frei gegeben."

Diese Scheidungs-Geschichte erzählt ein Richter wohl heute noch. Ich treffe mich mit ihr vor dem Gericht, wir gehen Hand in Hand in den Gerichtssaal. Wir setzen uns. Der Richter blickt auf und sagt: "Sie sind hier falsch. Das Standesamt ist ein paar Türen weiter." Dieser Richter hat uns minutenlang nicht geglaubt, dass wir uns scheiden lassen wollen.

Ohne Zoff geht´s auch? Jedes Paar streitet sich täglich mehrmals, steht in irgendeiner Studie. So betrachtet habe ich zur Paarbildung nur selten beigetragen. Und das ist gut so...Zärtliche Stunden sind schöner.

Freitag, 10. Juni 2011

Mietjustiz

10. Juni 2011
Finanzierung eines privaten Gefängnisses in Bremervörde

Die Richter in Erfurt verdonnern Bösewichte auf Mietbasis. Heißt: Das Haus der Justiz gehört nicht dem Land, es ist gemietet. Wie jetzt auch ein Gefängnis in Bremervörde. Für 25 Jahre. Sollte das Land Niedersachsen in dieser Zeit pleite gehen, gehen die hinter Gittern sitzenden Gefangenen in den Besitz des Gebäudeeigentümers über? Der dann mit den Leuten machen kann, was er will?

So weit wird es nicht kommen, versichert der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister. Das Modell sei so sicher, sicherer gehe es gar nicht. Es funktioniert Gerüchten zufolge nämlich so: Wird jemand in Bremervörde und drumherum zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, muss er einen Untermietervertrag mit dem Land abschließen. Die Miethöhe richtet sich nach der Schwere der Tat. Außerdem muss jeder Verurteilte eine Kaution hinterlegen.

Gerät ein Gefangener mit der Miete in Rückstand, weil er sein Geld beispielsweise für Drogen ausgibt, die man bekanntermaßen in einem Gefängnis leichter bekommt als sonstwo, wird erst einmal die Kaution vom Land Niedersachsen verbraucht. Kann ein Gefangener dann immer noch nicht die Miete zahlen, weil er beispielsweise immer noch Drogen nimmt, ermittelt das Land Niedersachsen den Dealer. Mit dem wird ein Unteruntermietervertrag geschlossen. Nun zahlt also der Dealer die Miete für den Gefangenen, den er mit Drogen versorgt.

Sollte die Polizei unvorsichtigerweise einen Rauschgiftring sprengen und deshalb der Unteruntermieter als Dealer im Gefängnis zu Bremervörde landen, zahlt der zwei Mieten und hinterlegt zwei Kautionen. Ist auch der irgendwann klamm, weil er im Gefängnis so leicht an Drogen herankommt wie sonst nirgendwo, muss er mit dem Land Niedersachsen einen Werkvertrag abschließen. In diesem Vertrag verpflichtet er sich, zumindest so viele Drogen an Mitgefangene weiter zu verkaufen, dass er stets und pünktlich die Miete zahlen kann.

Der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister hat also Recht: Das Modell ist prima.

Dienstag, 7. Juni 2011

Witzlos

7. Juni 2011
Wenn man den Humor verliert

Da wird der Hund in der Pfanne verrückt. 35 000 Witzbolde aus 15 Staaten haben darüber abgestimmt, welche Nation am humorlosesten ist. Ergebnis: Deutschland. Das darf doch wohl nicht wahr sein.

Vorgeworfen wird uns Rationalität. Die vertrage sich nicht mit Humor. Von wegen! Wir gehen ganz rational davon aus, dass wir einen an der Waffel haben. Und machen das auch noch öffentlich. Wie jetzt Angela Merkel in den USA. Die hat sich dafür bedankt, dass die Amerikaner unverbrüchlich an der Seite Deutschlands gestanden haben, als die Mauer bröckelte.

Da fällt der Bundeskanzlerin doch wohl der Kalk aus dem vergesslichen Gehirn. Sonst würde sie sich daran erinnern, wo sie für die DDR gearbeitet hat, während andere auf die Straßen in Leipzig gingen. Könnte man meinen. Ist aber Humor. Schwarzer sogar.

Die feixt sich einen über diese - laut gleicher Umfrage - witzigen Amerikaner. Die meisten von denen wissen nicht einmal, wo das angeblich ach so humorlose Deutschland herumliegt. Und was man nicht kennt, muss einem irgendwie bekannt vorkommen, wenn man nicht als völlig dämlich dastehen will.

Außerdem haben wir Deutschen den Humor erfunden. Bis ein Schweizer die Berge hoch gekraxelt kommt und das Gegenteil behauptet. Bis dahin ist das klassisch belegt. Mit Wilhelm Busch und seinen Bildergeschichten, die ab 1859 erschienen sind.

Donnerstag, 2. Juni 2011

Sexismus

2. Juni 2011
...zur Minna machen

Bei Sexismus geht es bekanntermaßen um eine soziale Konstruktion. Nicht um Lust. Sexismus geht tiefer. Tiefer kann man schon gar nicht mehr fallen. Würde man bei diesem oder jenem Zitat  "Mann" mit "Jude" ersetzen, wäre so manche Schrift längst verboten.

Dennoch scheinen sich einige über die so genannte "Rückkehr" des Sexismus zu freuen. Als sei er jemals weg gewesen. Auch so betrachtet, besteht zur Freude kein Grund.

Wer eine Medaille nur umkehrt, hält immer noch dieselbe Medaille in der Hand. Ob nun der Frau eine Rippe fehlt oder dem Mann, irgend jemand wird stets ausgezählt.

Ein Picknick mit einer Sexistin wäre so: Bei einer ungeraden Zahl will sie nicht benachteiligt werden. Kann man: Ihr ein Rippchen mehr zugestehen - oder ein Rippchen dem Hund geben. Müsste aber wohl eine Hündin sein.

Nach dem Picknick müsste sich eine Sexistin auch nicht erheben - sie blickt immer auf einen Mann herab. Da der nach ihrer Auffassung unfertig ist, darf er getrost fertig gemacht werden.

Wer jedoch um sich beißt, ist ein Angstbeißer. Wovor also hat eine Sexistin Angst? Hat sie die gleiche Angst wie ein Sexist? Oder unterscheiden sich die Angst eines Mannes und die Angst einer Frau, obwohl sie beide ein Brett vor dem Kopf haben?

Sind weibliche Bretter dicker oder dünner als männliche Bretter? Oder ist ein Brett ein Brett? Fragen über Fragen, die man nur beantworten muss, wenn man dem Sexismus frönt. Frönen kommt von Fron. Und bedeutet: Sklaverei.

Da kann man nur eins verlieren: die Fesseln.

Sonntag, 22. Mai 2011

Nun Sex

22. Mai 2011
Und Belästigung als Medienthema

Die Medien hetzen hinter jedem Thema her. Dazu benötigen sie einen Aufhänger. Dieses Mal den Chef des Internationalen Währungsfonds, der ein Zimmermädchen sexuell belästigt haben soll. Allein dieser Vorwurf reicht für Empörung bei Zeitgenossen, die erfahren, dass der 62-Jährige im gleichen Haus eine Wohnung beziehen will. Mit Fußfessel. Unter strengen Auflagen. Mit so einem wohnt man nicht gern unter einem Dach. Hat er doch  ein Haus am Broadway gefunden, machen Fotografen Schnappschüsse. Die werden abgedruckt, als hätten wir noch nie ein Haus gesehen.

Dann kommen Experten ins Medienspiel. Die gibt es auch für sexuelle Belästigung, was nicht bedeuten soll, dass sie selbst Täter sind. Sie beschäftigen sich mit dem Thema. Die legen Studien und Umfrageergebnisse vor. Demnach ist jede zweite Frau schon einmal am Arbeitsplatz sexuell belästigt worden. Die meisten jedoch behalten das für sich, sagen die Experten. Weil sexuelle Belästigung nur schwer zu beweisen sei.

Würde diese Zahl stimmen, dann könnte man überhaupt nicht mehr begreifen, warum ein 62-Jähriger, der ein Zimmermädchen sexuell belästigt haben soll, für eine derartige Empörung sorgt. Dann müsste doch unter jedem Dach zumindest ein Täter leben, der Verständnis für den IWF-Chef hat. Die Empörung vieler Zeitgenossen wäre also nur gespielt.

Das wäre ein Armutszeugnis. In dem stünde: Viele haben immer noch ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität. Bei denen kribbelt es nie. Die müssen immer gleich zur Sache kommen. Notfalls mit Gewalt. Ob nun mit psychischer oder physischer.

Gedankensprung: Aus einer aktuellen Studie geht hervor, dass sich nicht nur Kinder flegelhaft benehmen, Erwachsene tun das ebenfalls. Sie sind also schlechte Vorbilder. Gutes Vorbild allein reicht zwar nicht, um die Kleinen davon zu überzeugen, dass man mit Zärtlichkeit, Ehrlichkeit, Offenheit und Verständnis ein schöneres Leben führt als ohne, aber Menschen, die selbst nicht tun, was sie von anderen verlangen, sind zudem auf einem morschen Holzweg.

Wie die sexuellen Belästiger. Die allerdings immer noch ein vornehmlich männliches Thema sind. Frauen belästigen nie sexuell? Tun sie. Wird gar nicht bestritten. Doch dann wird ganz schnell wieder die Tagesordnung aufgerufen. Weil nicht sein darf, was nicht sein kann? Und die Zahl der sexuell belästigten Männer verschwindend gering ist?

Dann muss ich eine Ausnahmeerscheinung sein. Schon als Auszubildender bin ich von zwei Frauen sexuell belästigt worden. Die eine fasste mich bei jeder Gelegenheit an,  die andere reagierte dermaßen wütend auf die Ablehnung eines eindeutigen Angebotes, dass ich froh war, als ich die Abteilung wieder verlassen durfte.

Ob man den unbefangenen Umgang mit Sexualität und somit den Spaß an der Sexualität lernen kann, sei dorthin gestellt, wo die Fragen gelagert werden, die niemand beantworten kann. Und schon steht ein Kind im Schlafzimmer und fragt: "Was macht ihr denn da?" Mammi und Pappi zucken zusammen und bedecken blitzschnell ihre Blöße und antworten: "Nichts."

Das ist der sexuelle Urknall in vielen Elternhäusern. Und wenn dieses Kind Jahre später einen sexuellen Knall hat, wundern sich alle? Dass mit dem Vorbild hatten wir schon. Gilt auch hier. Und was ist mit Patentrezepten? Die gibt es auch nicht.

Könnte man jedoch meinen, wenn man im Internet die "richtigen Anmachsprüche" findet. Wäre ja auch noch schöner, wenn eine Frau einem Mann im Vorübergehen ein Lächeln schenkt, ohne dazu überredet worden zu sein. Wenn man morgens neben ihr aufwachen würde ohne Gebrauchsanweisung. Dann wären doch sogar Sexualberater überflüssig, die das Liebesleben wieder aktivieren.

Schönen Dank! Wenn ich mir auch nur vorstelle, ein Sexualberater würde einer Frau und mir Tipps geben, wie wir füreinander wieder verführerisch werden, und sie hielte sich daran, bekäme ich einen Lachkrampf. Zaubern kann man lernen, den Zauber nicht.

Die Hand, die unsere Hand streift, die Berührung, die uns Schauer über den Rücken jagt, der Gedanke, der um den anderen kreist wie ein bunter Vogel um einen blühenden Baum, das zärtliche Wort, das nie verklingt, können der Beginn eines zärtlich-wilden Spiels sein. Das keine Regeln kennt...

Montag, 16. Mai 2011

Neubürger

16. Mai 2011
Ist noch nie "Wort des Jahres" gewesen

„Neubürger“ ist noch nie „Wort des Jahres“ gewesen. Darüber kann man sich nur wundern, die Gesellschaft für deutsche Sprache muss auf diesem Ohr taub sein. Denn: Seit Jahren rufen sie alle nach Neubürgern. Jede Kommune, jede Stadt. Sogar solche, die ihre Altbürger weggeschickt haben. Beispiel: Sachsen.


Dabei ist „Neubürger“ doch etwas Erstrebenswertes, wie neu geboren, neu verliebt oder neues Auto. Denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Aber so neu sind die Bürger gar nicht, um die geworben wird. Sie sind weiter 40 Jahre alt, wenn sie 40 Jahre alt sind, sie sind weiter Großeltern, wenn sie Großeltern sind. So betrachtet ist „Neubürger“ Etikettenschwindel. Nirgendwo gibt es einen Jungbrunnen.

Dennoch machen alle weiter, zahlen sogar schon Prämien, machen Geschenke, überreichen Gutscheine. Besonders gefragt sind junge Familien. Rentner können bleiben, wo sie sind – oder sich für Mallorca entscheiden.

Warum aber zieht jemand um? Weil eine Stadt schön ist? Die kann noch so schön sein, wenn man woanders einen sicheren Arbeitsplatz hat, bleibt man dort. Seine Siebensachen packt man nur, wenn der Betrieb seinen Standort wechselt oder das neue Arbeitsplatzangebot dermaßen attraktiv ist, dass man gar nicht nein sagen kann.

Und ein Arbeitsloser? Je länger jemand arbeitslos ist, desto höher werden die Hürden für einen Umzug. Städte und Gemeinden werben also gar nicht um „Neubürger“, sondern um Arbeitskräfte. Dazu müssen aber erst einmal Arbeitsplätze geschaffen werden. Schon beginnt ein zweiter Wettlauf. Der Wettlauf um die Ausweisung von Gewerbegebieten. Der ist inzwischen derart irrsinnig geworden, dass die Bundesregierung sich verpflichtet hat, diesem Treiben Einhalt zu gebieten.

Volkswirtschaftlich betrachtet bringt diese Neubürger-Werberei auch nichts. Sie führt weder zu einem Anstieg der Zahl der Beschäftigten noch zu einer Steigerung des Bruttosozialproduktes. Außerdem: Was eine Gemeinde an Einnahmen gewinnt, verliert eine andere. Nennt man Nullsummenspiel. Doch Nullsummenspiel wäre noch vergleichsweise gut, denn unter dem Strich steht: Geld aus dem Fenster geworfen, sinnlos Natur zerstört. Schluss damit!

Sonntag, 15. Mai 2011

Lena-Anna

15. Mai 2011
Eurovision Song Contest mit Hühnerhaut?

Nun wird nachgesungen - die Medien lassen den Eurovision Song Contest noch einmal am inneren Ohr vorüberziehen. Ein Duo aus Aserbaidschan hat sich auf Platz 1 geschmachtet - da muss nur noch die Frage beantwortet werden, ob ein 21-Jähriger eine 30-Jährige auf der Bühne so sehnsuchtsvoll anschauen darf. "Die Welt" ist sich da nicht ganz sicher, denn die Sängerin ist zweifache Mutter. Was eine Frau in diesem Alter besonders schön machen kann - aber ein Liebeslied muss man mit ihr nun nicht gerade singen?

Doch die mediale Aufregung legt sich schnell wieder. Mit Connection der unfairen Art habe der Sieg von Niki und Ell nichts zu tun. Sondern mit einem Ohrwurm. Der kann also ein Sommer-Hit werden, nach dem Radiomoderatoren jedes Jahr mehr oder weniger erfolgreich suchen.

Titelverteidigerin Lena hat der "Welt" zufolge so oder so wieder einen Erfolg gefeiert. Offenbar haben sie viele in Europa beim ersten Mal "Taken by a stranger" nur noch nicht erhört. Doch das könnte noch kommen, denn: Je häufiger man diesen Song hört, desto besser gefällt er einem. Wenn also die Hannoveranerin nächstes Jahr wieder mit diesem Lied antreten dürfte, würde sie erneut Erste werden. Aber - würde sie das dürfen dürfen? Verdammte Axt...

Die Schweiz dagegen hat das Annagramm von Düsseldorf noch nicht verstanden. Wenn man der Boulevardzeitung "Blick" glauben darf, sind nun alle Eidgenossinnen und Eidgenossen schwer enttäuscht. Letzte sei Anna geworden, das habe sie nicht verdient, für "Hühnerhaut" habe das Duo aus Aserbaidschan gesorgt. Wegen schöner Hühneraugen?

Wenn jetzt aber die Schweiz "In love for a while" wäre und deswegen Gänsehaut bekäme, hätte sie den letzten Platz schnell wieder vergessen und alle Sorgen über ihre starke Währung.


Hier zu Lande bleibt Lenas ESC-Song auf unabsehbare Zeit aktuell. Die Bundesregierung wird uns immer fremder.

Samstag, 7. Mai 2011

Heiratsantrag - aber wie?

7. Mai 2011
Auf die richtige Formulierung kommt es an

Stimmt alles: der Sex und die Liebe. Bleibt: die Ehe. Doch ein Heiratsantrag will gut überlegt sein, damit die Angebetete nicht mit kalter Schulter reagiert. Die Ehewerbung muss wirkungsvoll sein. Wirkung erzielt man mit berufsbezogenen Formulierungen. Dafür ein paar Beispiele:

Der Jugendamtsmitarbeiter: Heirate mich. Sonst nehme ich dir alle Kinder weg, die du jemals haben wirst.

Der Finanzbeamte: Heirate mich. Dann hast du in neun Monaten einen Kinderfreibetrag.

Der Politiker: Heirate mich. Sonst mache ich dich zum Wahlkampfthema.

Der Friseur: Heirate mich. Mit mir machst du einen guten Schnitt.

Der bezahlte Liebhaber: Heirate mich. Dann bekommst du 100 Prozent Rabatt.

Der Polizeibeamte: Heirate mich. Dann darst du überall falsch parken.

Der Reinigungsdienstleister: Heirate mich. Ich brauche dringend einen flotten Feger.

Der Verwaltungsbeamte: Heirate mich. Ich erledige auch den Papierkram.

Der Bundesligaprofi: Heirate mich. Ich netze oft ein.

Der Kellner: Heirate mich. Ich serviere dir mein Herz auf einem Tablett.

Der 80-Jährige: Heirate mich. Unsere Dritten passen im Kukident-Glas so gut zusammen.

Auch hier gibt es Ratschläge

Montag, 2. Mai 2011

America = Winning

2. Mai 2011
Osama Bin Laden ist tot

"Können wir alle jetzt Afghanistan verlassen? Denn das war der einzige Grund, weswegen wir dort gewesen sind", schreibt ein Leser der "New York Times". Osama Bin Laden ist tot. Zu dieser Meldung gibt es auf den Online-Seiten dieser Zeitung 683 Kommentare. Weitere sind nicht mehr möglich. Die Kommentarfunktion existiert nicht mehr.


Die internationale Polizeiorganisation Interpol warnt vor Racheaktionen. Der Terrorchef ist tot, sein Netz nicht zerstört.

Zu den neuen Facebook-Seiten gehört "Osama bin Laden is dead". Die Mitgliederzahl steigt von Stunde zu Stunde sprunghaft. Derzeit liegt sie bei über 350 000. Der jüngste Beitrag besteht aus einer Formel "America = Winning". Verlinkt ist er mit http://osama-is-dead.webs.com/. Dort wird ein T-Shirt in limitierter Stückzahl angeboten. Gewählt werden kann zwischen verschiedenen Sprüchen. Einer lautet: "Ich tötete Osama". Preis: 11 Dollar. Zahlbar per Kreditkarte oder per paypal.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat US-Präsident Barack Obama "Respekt" gezollt.

Die letzte Ruhestätte von Osama Bin Laden ist ein Geheimnis, schreibt die "Washington Post". Gewarnt werden müsse nun vor Anschlägen in den USA oder gegen "amerikanische Interessen".

Vor "blutiger Rache" warnt auch das Schweizer Boulevardblatt "Blick". Vier Tote habe es bereits gegeben. Der Nachrichtendienst der Eidgenossen ist in Alarmbereitschaft. Jedoch nur "kurzfristig".

Der Tod von Osama Bin Laden "ist eine gute Nachricht", sagt der deutsche Außenminister Guido Westerwelle.

Die "Times" erscheint mit der Schlagzeile: "Bin Ladens Letzter: Obama". Der Terrorchef sei mit einem Kopfschuss getötet worden. Letzte Gewissheit solle eine DNA-Analyse bringen.

Für "Bild" hat die Ehefrau des Terrorchefs die Judas-Rolle gespielt. Sie habe ihren Mann verraten, verlaute aus dem Pentagon.

Der US-Sender CNN weiß, wie lange die Aktion gedauert hat, knappe 40 Minuten. Niemand habe vorgehabt, Osama Bin Laden festzunehmen...

Dienstag, 19. April 2011

Deutschtümelei

19. April 2011

Hält die "Bild"-Zeitung für Klartext

Leonhard Kuckart ist 79 Jahre alt und Vize der Senioren-Union. Also nicht mehr in der Jungen Union. Den Mann kennen Sie nicht? Sie werden ihn kennenlernen.

Leonhard Kuckart ist von der "Bild"-Zeitung zum "Gewinner des Tages" gekürt worden. Gestern. Weil der 79-Jährige von gestern ist?

Leonhard Kuckart soll laut Laudatio des Springer-Blattes wollen, "dass Deutsch nicht nur im Unterricht, sondern auch auf den Schulhöfen Pflicht wird."

Leonhard Kuckart wird das nicht ernsthaft wollen. Oder soll auch im Englisch- und im Französischunterricht Deutsch gesprochen werden?

Leonhard Kuckart fordert laut "Bild"-Zeitung "eine bundesweit einheitliche Regelung der Kultusminister".

Leonhard Kuckart wird das wohl kaum ernst meinen. Oder will er Schülern verbieten, dass sie vor einer Englisch- oder Französischarbeit auf dem Schulhof noch schnell einmal ein paar Vokabeln pauken?

Leonhard Kuckart soll zudem gesagt haben: "Kein Kind darf mehr eingeschult werden, ohne die sprachlichen Mindestanforderungen zu erfüllen."

Leonhard Kuckart muss wohl denken, dass er in seinem Alter zum Gesetzesbruch auffordern darf. Denn: Hier zu Lande gibt es eine Schulpflicht.

Leonhard Kuckart ist 79 Jahre alt. Vielleicht liegt es daran...Dennoch meint die "Bild"-Zeitung, bei den Meinungsäußerungen von Leonhard Kuckart handele es sich um "Klartext". Diese Laudatio muss wohl ein 80-Jähriger geschrieben haben...

Dienstag, 12. April 2011

Social Network

12. April 2011
Nicht an der Jade

No social network an der Jade. Obwohl im Facebook steht: Thema des Jahres 2011 sind auch die Oberbürgermeisterwahlen. Behauptet das Jugendparlament von Wilhelmshaven.  Manchmal aber wird dieses Facebook schneller wieder zugeschlagen als man es aufschlagen kann.

Geschehen ist: Als Oberbürgermeister-Kandidat von Wilhelmshaven verlinke ich im Facebook des Jugendparlamentes einen Beitrag, in dem es um die Mitgestaltungsmöglichkeiten junger Leute bei kommunalpolitischen Entscheidungen geht.

Wenige Minuten später bekomme ich eine persönliche Mitteilung (PM). In der steht: "Sehr geehrter Herr Tjaden, ich möchte Sie bitten, keine Werbung für Sie als OB-Kandidat an unserer Pinnwand zu betreiben. Mit freundlichem Gruß".

Namentlich zu erkennen gibt sich der PM-Verfasser nicht. Dennoch antworte ich und weise darauf hin, dass sich auch der Oberbürgermeister-Kandidat der Freien Wähler im Facebook des Jugendparlamentes von Wilhelmshaven verewigt habe. Die wiederum prompte Antwort lautet: "Herr Walpurgis stellt keine Links auf unsere Pinnwand, die auf seine Homepage oder Ähnliches verweisen."

Facebook wieder zu - und einige Fragen offen...

Mittwoch, 16. März 2011

n-joy

16. März 2011
Viel Schiffsverkehr mit Herbert Grönemeyer

Lieder, so schön wie ein Sonnenuntergang an der karibischen See, fröhlicher "Schiffsverkehr": Das neue Album von Herbert Grönemeyer kommt am 18. März auf den Markt, n-joy macht aus dem 16. März einen "Grönemeyer-Tag".


"Entfalte meine Hand

die Anker los

denn auch jedes Tief dreht sich ins Hoch

fall auf meinen Fuß

die Feuer sind gesetzt

und die Nebel leuchten."

Die Augen manchmal auch, das werden viele mit weißer Tinte unterschreiben - und nicht gehen, weil Gänsehaut die schönste Haut sein kann. Wie 2000 bei Grönemeyers Expo-Konzert. Jede und jeder gefangen in einem anderen Traum, der zu einem gemeinsamen Traum wird.

Das schaffen nur weniger Liedermacher - und daran sich wirklich erfreuen können nur Menschen, die klug genug sind, geschenkte wunderschöne Augenblicke nicht eines Tages versinken zu lassen im Sumpf der üblen Nachrede über die ehemalige Partnerin oder den ehemaligen Partner. Dummheit schützt vor Grönemeyer. Und das ist dumm...

Mittwoch, 23. Februar 2011

Adel verzichtet

23. Februar 2011
Doktor-Arbeiten von Prominenten durchforsten?

"Im Interesse der Wissenschaft sollte jede Doktorarbeit eines Prominenten ins Netz gestellt und von der Schwarm-Intelligenz der Wiki-Nerds auseinandergenommen werden. Wer macht den Anfang?"

Steht heute in der "Welt". Denn Karl-Theodor zu Guttenberg sei nicht der einzige Prominente, der auf verschlungenen Wegen das Ziel Doktor erreicht habe. Der Papst gehöre dazu, ein amerikanischer Präsident und die Bundesfamilienministerin.

Doch: Was soll diese Rumforscherei? Guttenberg beispielsweise will doch gar nicht der Wissenschaft, er will dem Volk dienen. Außerdem hat er sich inzwischen gedacht: "Adel verzichtet!" Was bei einem Doktor-Titel jedoch nicht geht. Hat der Bayreuther Uni-Präsident Rüdiger Bormann bereits klar gemacht. Der Bundesverteidigungsminister weiß also nicht, wie man den Doktor macht, er weiß auch nicht, wie man den Doktor wieder los wird. Ist zumindest für seinen Leibarzt gut.

Und was ist mit dem Papst? Der wird in seiner Doktor-Arbeit doch wohl kaum das Matthäus-Evangelium abgeschrieben haben, ohne zu erwähnen, wo man dieses Evangelium findet. Schließlich lebt der irgendwie davon, dass die Bibel gelesen wird. Und die katholische Kirche auch. Dass Kirche und Papst nur selten nach der Bibel handeln, steht nicht einmal im Koran.

Und die Bundesfamilienministerin? Die hat statistisches Material zwar nicht selbst zusammengetragen, aber wurde ihr etwa von Roland Koch gesagt, dass so was zu einer wissenschaftlichen Arbeit gehört? Wurde wohl kaum. Denn sonst hätte sie es gemacht. Die hört immer auf Roland Koch.

Und jener amerikanische Präsident? Eine Doktorarbeit hätte der doch nur über Seitensprünge schreiben können. Wer aber Seitensprünge macht, hat gar keine Zeit für und Lust schon gar nicht auf monatelanges oder gar jahreslanges Hocken über Büchern, die andere verfasst haben. Auch der Satz "Ich bin ein Berliner" ist doch gar nicht von diesem amerikanischen Präsidenten. Geschadet hat´s ihm nicht.

Der hat sich immer großer Beliebtheit erfreut - wie Karl Theodor zu Guttenberg. Je weniger der Doktor ist, je mehr er also abgeschrieben hat, desto mehr mögen ihn die Leute.

Die Universität von Bayreuth hat heute Abend also nur über eine Nebensächlichkeit entschieden: Sie entzog Guttenberg den Doktor-Titel.

Montag, 14. Februar 2011

Gebildeter Staatsanwalt

14. Februar 2011
Am besten funktioniert: die Pausenklingel

Mein blog über einen selbst erlebten Justizskandal wird gerade angeklickt wie wild, da ich zu einem Beitrag der "Welt" über die deutsche Justiz einen Kommentar abgegeben habe. Dennoch nehme ich mir Zeit für eine Umfrage zum Bildungssystem in Deutschland.


Die Zeitung mit den vier großen Buchstaben hat dazu aufgerufen, gestartet worden ist heute die Serie "Zukunft durch Bildung - Deutschland will´s wissen". Die ersten Wortmeldungen stammen von Bundespräsident Christian Wulff und von Schulleiter Rüdiger Schütz aus Jena.

Wulff wünscht sich, dass "alle Kinder gleiche Bildungschancen erhalten, egal woher sie kommen, ganz gleich wie die wirtschaftliche Situation der Eltern ist." Dabei hat er als niedersächsischer Ministerpräsident zwar ziemlich versagt, auf Gesamtschulen reagierte er geradezu allergisch, aber als Staatsoberhaupt ohne tagespolitische Zwänge ist Christian Wulff wohl auch mit seiner eigenen Politik nicht mehr einverstanden.

Der Schulleiter aus Jena fordert "Bildung sollte endlich Bundessache werden". Die gegenwärtigen Unterschiede zwischen den Schullandschaften in den Bundesländern hält er für "Irrsinn".

Die Umfrageteilnahme dauert 15 Minuten. Gefragt werde ich auch, was nach meiner Meinung im deutschen Bildungssystem am besten funktioniert. Meine Antwort: die Pausenklingel.

Sonntag, 6. Februar 2011

Tödliche Wolke

6. Februar 2011
Nach der Schnulze ist vor der Erzählung

Vor 25 Jahren in Burgdorf bei Hannover: Meine Hündin „Lady Einstein“ liegt zusammengerollt in ihrem Körbchen, ich lese beim Frühstück die Zeitung, Adamo verklebt mein Radio mit einer Schnulze über ein Traumschiff.

Doch nach der Schnulze ist vor der Erzählung. Meine dritte nach „Insel des Zweifels“ und „Streichelnde Worte“. Ich setze mich an meine Schreibmaschine. Der Titel steht vor der ersten Zeile. Er lautet: „Tödliche Wolke“. Ich schreibe Adamos Schnulze weg:

Sie werden Utredo (die Betonung liegt auf der zweiten Silbe), die Hafenstadt des Staates Tredo, auf keiner Landkarte finden, weil die Geschichte, die ich Ihnen erzählen werde, ebenso erfunden ist wie Utredo und Tredo.

Eine Vorbemerkung sei mir noch erlaubt: Die Personen in dieser Erzählung tragen deutsche Namen. Oder wollen Sie sich mit Namen wie Rosetto Truganini herumschlagen? Wohl kaum.

Walter Frühauf, Staatssekretär im Innenministerium von Tredo, wurden zwei Schiffskarten gestohlen. Als er ins Taxi stieg, besaß er diese Karten noch, als er zwei Stunden nach der Taxifahrt zum fünften Mal die Taxizentrale angerufen hatte, stand fest: Die beiden Karten waren verschwunden. Verschwunden war auch der Taxifahrer, der Walter Frühauf nach Hause gefahren hatte.

„Warum nur habe ich nicht meinen Dienstwagen genommen?“ fragte der Staatssekretär mehr sich selbst als seine Frau, die ihm im Wohnzimmer gegenüber saß.

Sie war genauso blass wie er, doch wenigstens zitterte sie nicht, denn Elisabeth Frühauf kannte die ganze Wahrheit noch nicht. Aber Walter Frühauf kannte die ganze Wahrheit. Nur ein Fleckchen Erde sollte verschont bleiben und dorthin hätten der Staatssekretär und seine Frau fliehen können, hätte Frühauf nur besser auf seine Schiffskarten geachtet. Warum musste er sie, als er nach einem Taschentuch suchte, neben sich auf den Sitz legen, warum nur hatte er sie hervorgekramt und warum vergessen?

25 Jahre später in Wilhelmshaven: Mein Hund "Mike" liegt zusammengerollt unter meinem Schreibtisch, meine Erzählung "Tödliche Wolke" ist schon lange vergriffen und ich frage mich: Soll ich sie noch einmal veröffentlichen?

"Tödliche Wolke" als Fortsetzungsgeschichte

Samstag, 5. Februar 2011

Was für Ralf Schmitz?

5. Februar 2011
Mein Ratgeber als Zwei-Stunden-Programm

So wichtig ist also mein "Zerstreutes Wohnen - Ratgeber für alle ab 70" - denn zerstreut sind offenbar viele. Sagt heute eine Leserin, die inzwischen sechs Exemplare meiner Broschüre gekauft hat: "Ihr Buch wäre bestimmt was...Jetzt habe ich den Namen vergessen. Von dem stammt der Spruch ´Hunde haben ein Herrchen. Katzen Personal´." Obwohl sie den Namen des Comedian vergessen hat, ist sie aber immerhin sicher: "Der würde ein Zwei-Stunden-Programm aus Ihrem Ratgeber machen."

Zuhause angekommen, google ich den Satz von Hund und Katze und lande so bei einer Kritik eines gewissen Arne Brodowski. Der hat am 20. Februar 2007 in Stade eine Vorstellung von Ralf Schmitz besucht. Könnte ein gutes Zeichen sein. Denn ich habe am 20. Februar Geburtstag.

Nun kenne ich also den Namen des Comedian, den Arne Brodowski allerdings nicht so gut findet wie Rüdiger Hoffmann und Piet Klocke. Witzig jedoch sei die Antwort "Hähnchen" gewesen, als es um ein geflügeltes Wort gegangen sei.

Geflügelte Worte kommen in meiner Broschüre zwar nicht vor, aber trotzdem könnte eine Vorstellung auf Basis meines Ratgebers beim Publikum abgehen wie Schmitz´ Katze. Deswegen kommen Rüdiger Hoffmann und Piet Klocke für mich auch nicht infrage.

Wenn´s jemand macht, dann macht´s Ralf Schmitz. Ich werde ihn fragen. Falls ich daran denke...Rufe ich seine Seite bei Facebook auf.

Mehr über diese Broschüre

Freitag, 4. Februar 2011

Eva Eden nackt

4. Februar 2011
Auf Rathausbrücke in Luzern
Sie heißt Eva. Wie laut Bibel die erste Frau. Ihr Nachname ist Eden. Deswegen hätte sie das besser in einem Garten getan? Tat sie aber nicht. Sie tat es auf der Rathausbrücke in Luzern. Deswegen ist´s unanständiges Benehmen.
Eva ist 20 Jahre alt und blond. Kennt deswegen wohl die Gesetze der Schweiz nicht. Die sind - wenn es um diesen Verstoß geht - langweilig. Nackt in aller Öffentlichkeit ist verboten.
Trotzdem hat´s Eva gefallen: "Die Blicke der Leute machen mich heiß." Erfreulich - bei drei Grad Celsius.
Die Geldbuße wird die 20-Jährige leicht wegstecken. Sie muss sich nur wieder anziehen. Immer nackt in Luzern könnte ins Geld gehen - oder sogar in ein Gefängnis führen.
Das sind die nackten Tatsachen, für die sich eine Boulevardzeitung wie der "Blick" nur interessiert, wenn sie auf der Rathausbrücke präsentiert werden.

Donnerstag, 3. Februar 2011

SAD ist fad

3. Februar 2011
Wenn Frauen leiden

Mit dem Aussterben von Psychologen würden auch psychische Krankheiten aussterben? Wohl kaum. Fest steht aber auf jeden Krankheitsfall: Psychologie heute bedeutet: immer neue Abkürzungen. Diese hat bald wieder vorübergehend ausgedient, denn die Tage werden länger: SAD.

SAD steht für "saisonal abhängige Depression". Die bekommen besonders Frauen, wenn der Herbst kommt. Der Herbst kommt und ist dann auch noch da, löst  beim weiblichen Geschlecht psychische Durchhänger aus.

Doch das ist nicht der einzige psychische Defekt, den Frauen zu beklagen haben. Weitere sind: NPIK, KMKNSL, IHZ und besonders schlimm: MSS. Das hat jetzt ein amerikanischer Psychologe herausgefunden, weil: Die meisten Psychologen kommen aus Amerika und finden immer etwas heraus.

Das Buch dazu heißt: "Wenn Frauen leiden leiden Frauen" und erscheint demnächst auch in deutscher Sprache. Der Buchhandel bestellt bereits wie verrückt - diese Massenbestellungen sind aber nicht psychisch bedingt, sondern wirtschaftlich. Denn: Während Frauen Bücher kaufen und auch noch lesen, schieben die meisten Männer Bücher unter wackelnde Tischbeine. Dort werden sie von Männern vergessen. Neue werden nicht gekauft.

Aber nicht nur viele psychische Krankheiten sind weiblich (die Krankheit, die Psyche), weiblich ist auch die Neugier. Die soll jetzt befriedigt werden. NPIK steht für "nichts Passendes im Kleiderschrank", KMKNSL für "kann mir keine neuen Schuhe leisten", IHZ für "ich habe zugenommen" und MSS für "Migräne statt Sex".

Mittwoch, 19. Januar 2011

Seniorensterben

19. Januar 2011
Ratgeber rafft ältere Leute dahin

Mysteriöses Seniorensterben in Deutschland, bislang sind 1056 Todesfälle bekannt geworden, die Dunkelziffer liegt nach Angaben der Bundesärztekammer höher, da viele nicht spezialisierte Ärzte die wahre Todesursache nicht erkennen könnten.


Lachkrampf als Grund für das Dahinscheiden älterer Menschen sei zudem noch nicht ausreichend erforscht, erklärt das Robert-Koch-Institut. Diese tödliche Krankheit könne aber durchaus ansteckend sein. Die katholische Kirche warnte sogleich vor der Anwendung von Verhütungsmethoden, die vom Vatikan noch nicht frei gegeben worden seien. Der Papst kündigte bereits eine Enzyklika an, die für alle bindend sein werde.

Das mysteriöse Seniorensterben begann - sind sich die Experten einig - mit dem Verkauf der Broschüre "Zerstreutes Wohnen - Ratgeber für alle ab 70" des Wilhelmshavener Autors Heinz-Peter Tjaden, der auch früher schon mit Werken auffällig geworden ist, die zum Lachen reizen.

Doch: Dieser Ratgeber kann offenbar auch noch tödlich sein. Deswegen hat die Oldenburger Staatsanwaltschaft inzwischen ein Ermittlungsverfahren gegen den Verfasser wegen fahrlächerlicher Tötung eingeleitet.

"Meine Oma ist schon auf Seite 7 der Broschüre gestorben", berichtet eine verzweifelte Enkelin aus Osnabrück. Die 22-Jährige hat ihre Großmutter heute Morgen in ihrer Wohnung gefunden. Der sofort herbeigerufene Arzt konnte nur noch den Tod der 73-Jährigen feststellen. Vor der per Lachkrampf Dahingerafften lag der Ratgeber von Tjaden.

Buchhandlungen haben heute Mittag eine Rückrufaktion für die 12 345 verkauften Exemplare gestartet. Auch der Bestell-Link http://stores.lulu.com/hwilmers soll vom Internet-Verlag Lulu umgehend gesperrt werden, teilt das Bundeskriminalamt mit.

Das Erste Deutsche Fernsehen (ARD) strahlt um 20.15 Uhr eine Sendung mit dem Titel "Tödliches Lesen" aus, die von allen anderen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten übernommen wird.

Der Autor ist bislang für eine Stellungnahme nicht erreichbar gewesen. Dem Vernehmen nach sitzt er in einem Zug nach München. Angeblich geplant ist eine Lesung in einer Seniorenwohnanlage der bayerischen Landeshauptstadt. Vor einem Besuch wird dringend gewarnt.

Sollte Heinz-Peter Tjaden tatsächlich in dieser Seniorenwohnanlage erscheinen, wird er unverzüglich - so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft - in Gewahrsam genommen.

Sachdienliche Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle unter der eilends eingerichteten Hotline 978-1-4461-4895-2 entgegen. Diese Nummer entspricht der ISBN-Nummer der Broschüre.

Soeben sind auch die ersten Todesfälle aus der Schweiz und aus Österreich bekannt geworden. Die Lachkrampf-Seuche hat also die nationalen Grenzen schon gesprengt.

Dienstag, 18. Januar 2011

Flachpfeifen?

18. Januar 2011
Facebook-Hilfe für eine Mutter aus Wien

Bei Facebook tummeln sich überwiegend Flachpfeifen, die dumme Kommentare hinterlassen? Die ihre virtuellen Freunde im Stich lassen, wenn sie Hilfe brauchen? Wie jüngst geschehen, als eine Frau ihren Selbstmord ankündigte, verhöhnt wurde und ihren schrecklichen Vorsatz in die Tat umsetzte?


Einmal abgesehen davon,dass auch reale Freunde nicht immer zu einem halten und oft das Sprichwort gilt "In der Not gehen 1000 Freunde auf ein Lot", erlebt jetzt eine fünffache Mutter aus Wien Hilfsbereitschaft, die sie im Facebook jubeln lässt.

Vor kurzer Zeit sendete sie einen Hilferuf in die virtuelle Welt. Sie könne sich keinen Anwalt leisten, berichtete sie, habe aber am 24. Januar eine schwere Verhandlung vor sich, müsse mit Kosten rechnen, weil ihr staatliche Unterstützung versagt worden sei.

Für jedes ihrer Kinder bat sie um einen Euro. Für Spenden gab sie eine Bankverbindung an. Die sind nun auf dem Überweisungsweg. Die spannende Frage lautet: Wie hoch wird die Spendensumme?

Heute hat diese Mutter ins Facebook geschrieben: "Ihr seid die wahren Helden!" Die nun alle für den 24. Januar die Daumen drücken. Vielleicht endet ein zweijähriger Kampf doch noch mit einem Happy End.

Sonntag, 16. Januar 2011

La Mama

16. Januar 2011
Italien feiert eine Mutter

Im Süden von Deutschland: Eine Mutter geht mit ihrer kleinen Tochter zum Kinderarzt. Die Untersuchung ergibt: Dem Mädchen geht es prächtig. Zur gleichen Zeit trudelt beim Jugendamt eine Gefährdungsmeldung ein. Das Kind werde vernachlässigt, heißt es. Drei Tage später ist das Mädchen weg. Die Bescheinigung des Arztes wird ignoriert.


Heiß diskutiert wird in Italien derzeit der Fall Colombo. "In Deutschland gehören die Kinder dem Staat", sagt diese Mutter immer wieder vor laufenden Fernsehkameras. Im Frühjahr 2010 hat sie ihre Kinder zum zweiten Mal aus Deutschland entführt. Das Münchner Familiengericht urteilte zwar, dass die Jungen beim Vater besser aufgehoben wären, aber in Italien wird Marinella Colombo als "La Mama" gefeiert, obwohl auch ein Gericht aus Mailand gegen sie entschied. Sie hat Nicolo (8) und Leonardo (12) gut versteckt. Niemand kann sie finden.

In jeder Sendung über diesen Fall wird den Zuschauerinnen und Zuschauern eingetrichtert: Das Jugendamt ist eine Erfindung der Nazis. Das ist falsch. Die ersten Jugendämter gab es 1925. Basis war das 1924 in Kraft getretene Reichsjugendwohlfahrtsgesetz. Zu den Aufgaben gehörten die Sonderfürsorge für Minderjährige, die Krüppelfürsorge, die Heilfürsorge und die Fürsorgeerziehung. Heute ist in Deutschland Gesetz: Jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt muss ein Jugendamt haben.

Im hohen Norden: Einem Ehepaar werden alle Kinder weggenommen. Sie kommen immer morgens. Eine der Begründungen für das Eingreifen des Jugendamtes lautet: Das Paar zieht seit 1976 zu oft um. In jenem Jahr ist die Mutter 13 Jahre alt. Wohnt bei ihren Eltern.

2009 sind 33 710 Kinder aus ihren Familien genommen worden, 31 Prozent mehr als 2005. 2006 stirbt in Bremen der kleine Kevin, ein Jahr später in Nördlingen die kleine Leonie. In den Jugendämtern steigt die Nervosität. Kommen sie zu spät, hagelt es Kritik. Deswegen kommen sie lieber zu früh, manchmal sogar grundlos.

"Bei Anruf Kind weg" hat kürzlich die Presse berichtet. Über eine gehörlose Mutter aus Hamburg, die sich vom Jugendamt Hilfe erhoffte. Inzwischen ist ihr Junge in einem Heim - nach zwei Jahren in einer Pflegefamilie. Die Mutter sei psychisch labil, behauptet das Jugendamt. Kein Wunder, sagt sie, wenn einem das Kind einfach so weggenommen wird...

Schon seit Jahren steht die Forderung im Raum: Schafft eine Fachaufsicht für Jugendämter. Das Bundeskabinett denkt über eine Schiedsstelle nach. Bis dahin wird so manches Jugendamt noch diese Argumentationskette vorstanzen: Erst ist es für eine Rückkehr der Kinder zu früh, dann zu spät.

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Dienstag, 11. Januar 2011

Stolz wie Mike

11. Januar 2011

Keine zehn Sekunden später hat er am Notebook gesessen, seine Pfoten huschten über die Tastatur, Freundin auf Freundin bekam eine mail, jede Mitteilung klang stolzer als die andere, immer wieder schwärmte er von der roten Farbe, die so vorzüglich zu braun, schwarz und weiß passte.

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. "Klasse", "Glückwunsch", "Woher bekomme ich so was?" "Würde ich auch gern haben." Mit jeder Antwort wuchs er um ein paar Zentimeter.

Ich saß derweil auf der Couch, las Zeitung, erfuhr von einer Studie des niedersächsischen Landesbetriebes für Statisitik, aus der hervorgeht, dass relativ gesehen mehr Geschiedene Raucher sind als Verheiratete. Kein Wunder, dachte ich, denen sitzt auch niemand im Nacken, der vor sich hin nölt: "Qualmst du schon wieder die Bude voll?"

Dann war er fertig, kam zu mir und rollte sich zufrieden und stolz zusammen. Die rote Steuermarke der Stadt Wilhelmshaven, gültig ab 2011, baumelte von seinem Halsband. Die war heute mit der Post gekommen.

Für mich allerdings war das kein Schmuckstück, sondern nur ein wenig Blech, für das ich alle drei Monate 22,50 Euro blechen muss.


Verträumter Blick zu roter
Steuermarke. Foto: der Steuerzahler


Sonntag, 2. Januar 2011

Druckvolles Themenjahr

3. März 2010
Burgdorf und die Zeitungsdetektive

Viele Städte polieren ihr Image auf, geben sich ein Motto, wollen so Betriebe und neue Bürgerinnen und Bürger anlocken, die Leben auf die Straßen und Plätze sowie Einnahmen in die Kasse bringen. Das ist auch in Burgdorf so. In dieser Kleinstadt vor den Toren Hannovers gibt es mit dem Verkehrs- und Verschönerungsverein eine rührige Organisation, die jährlich um die 100 Veranstaltungen organisiert. Publikumsmagneten sind die Pferdemärkte mit tollen Rahmenprogrammen. Diese Märkte haben Tradition wie das Schützenfest im Juni und der Oktobermarkt. Neu dagegen sind Themenjahre. Thema 2010: „Burgdorf lädt ein“. Auf den offiziellen Internetseiten der Stadt Burgdorf findet man allerdings keinen Link, der auf direktem internettem Weg zu den Veranstaltungen führt. Das ist schade. Könnte aber noch geändert werden.

Wie die Stadt 2011 besonders spannend machen könnte. Nahe liegendes Themenjahr: „Druckvolles Burgdorf“. Denn: 1986 hat die Lokalzeitung „Burgdorfer Kreisblatt/Lehrter Stadtblatt“ ihr Erscheinen eingestellt. Der ehemalige Burgdorfer Lokalredakteur Heinz-Peter Tjaden plant bereits ein Buch, in dem auf amüsante und informative Weise Zeitungsgeschichte erzählt werden soll. Das muss es aber nicht gewesen sein.

In den Stadtmauern existiert zwar auf Initiative des CDU-Ratsherrn Paul Rohde, der bis zuletzt als freier Mitarbeiter in dem Familienbetrieb beschäftigt gewesen ist, ein Archiv mit allen Ausgaben, aber Archive neigen zu Staubbildung. Also, pusten! Mit Aktionen und Veranstaltungen rund um das auf Zeitungsseiten gedruckte Wort. Als Veranstaltungsort bietet sich die ehemalige Rotation des „Burgdorfer Kreisblattes/Lehrter Stadtblattes“ an. Die liegt zentral, nebenan befinden sich die Räume der HAZ/Neue Presse-Beilage „Anzeiger für Burgdorf und Lehrte“ und des zweimal in der Woche erscheinenden „Marktspiegels“.

Für Kinder und junge Leute könnten Schreibwerkstätten eingerichtet werden, in denen Profis dem Nachwuchs den Zeitungsalltag nahe bringen. Anregungen holen könnte man sich von der „Braunschweiger Zeitung“, der „Salzgitter Zeitung“ und den „Wolfsburger Nachrichten“. Die haben das Projekt „Schule und Zeitung“ gestartet, ein tolles Begleitheft herausgegeben und Kinder zu Reportern mit eigenem Ausweis gemacht. Weitere Möglichkeiten wären: Öffentliche Plaudereien mit Ehemaligen von Kreis- und Stadtblatt, in Aachen gibt es mit dem Internationalen Zeitungsmuseum ein weltweit einmaliges Museum, das möglicherweise Leihgaben für das Burgdorfer Stadtmuseum herausrücken würde, Diskussionen mit örtlichen Werbe- und PR-Agenturen, Kinotage mit Filmen, in denen fiktive oder reale Zeitungsgeschichten erzählt werden, Einblicke in die Entwicklung des Druckereiwesens, Führungen durch den Madsack-Konzern als wichtigstes Unternehmen in der Zeitungsbranche der Region Hannover, eine Messe mit Ständen aller, die in Burgdorf zur Medienlandschaft gehören und und und…

Das wäre ein „druckvolles Burgdorf“, die Maschinen müssen nur angeworfen werden. Ausspucken könnte sie auch die Aktion „Burgdorf und die Zeitungsdetektive“, die Rätsel aus der Stadtgeschichte mit Hilfe von Artikeln aus der 1986 eingestellten Lokalzeitung lösen.

Burgdorf schreibt Geschichte - aber keine Zeitungsgeschichte?